# taz.de -- Suizid in Abschiebehaft: Toter Flüchtling bewegt Ahlhaus
       
       > Im Fall des Georgiers David M. , der sich am Sonntag im
       > Untersuchungsgefängnis erhängt hat, zieht der Hamburger CDU-Innensenator
       > Konsequenzen und setzt die Abschiebehaft für minderjährige Flüchtlinge
       > aus.
       
 (IMG) Bild: Vor dem Hamburger Untersuchungsgefängnis, wo David M. sich das Leben nahm, demonstrierte schon 1995 das Komitee für Grundrechte und Demokratie gegen Abschiebehaft.
       
       Zwei lange Tage hatte der Hamburger Innensenator Christoph Ahlhaus zum Tod
       des 17-jährigen Flüchtlings David M. geschwiegen, der sich am Sonntag im
       Zentralkrankenhaus des Untersuchungsgefängnisses Holstenglacis erhängt
       hatte. Am späten Dienstagnachmittag kam überraschend eine Erklärung:
       "Zunächst möchte ich mein tiefes Bedauern über den Tod des jungen Mannes
       zum Ausdruck bringen", schreibt Ahlhaus. Die Hamburger Innenbehörde werde
       künftig darauf verzichten, bei minderjährigen Flüchtlingen Abschiebehaft zu
       beantragen.
       
       Für Ahlhaus, der 2008 nicht umsonst von der Initiative "Jugendliche ohne
       Grenzen" zum "Abschiebeminister des Jahres" gekürt worden war, ist das ein
       großer Schritt. Zwei Tage lang hatten Flüchtlingsverbände und die
       Evangelischen Kirchen auf die von ihm verantwortete Abschiebepolitik
       eingedroschen, die minderjährige Flüchtlinge mit der ganzen Härte des
       Ausländerrechts behandelte.
       
       Wie es passieren konnte, dass sich David M. im Zentralkrankenhaus der
       Untersuchungshaftanstalt erhängte, ist unterdessen noch nicht geklärt. Der
       Georgier war am 20. Februar, elf Tage nach seiner Einlieferung in die
       Abschiebehaft, in Hungerstreik getreten. Das Personal habe den Hungerstreik
       als "Signal gedeutet, dass er mit seiner Festnahme nicht einverstanden
       ist", sagt die Sprecherin der für die Gefängnisse zuständigen
       Justizbehörde, Pia Kohorst. Nichts habe auf Suizid-Absichten hingedeutet.
       Sowohl im Abschiebegefängnis Hahnöfersand als auch später, nach seiner
       Verlegung ins Zentralkrankenhaus, sei David M. psychologisch betreut
       worden. Am Holstenglacis gebe es sogar eine Mitarbeiterin, die Russisch
       spreche.
       
       David M. habe zwar das Essen verweigert, bis einen Tag vor seinem Tod, aber
       er habe freiwillig Flüssigkeit zu sich genommen. Im Zentralkrankenhaus habe
       man ihn darum auch nicht in eine der Zellen gebracht, die für
       Suizidgefährdete vorgesehen sind und in denen es weder Gardinen noch
       Bettwäsche, ja nicht einmal verrückbare Möbel gibt.
       
       Für die Hamburger Justizbehörde unter GAL-Senator Till Steffen ist der Tod
       von David M. ein Image-GAU. Verantwortlich dafür, dass David M. überhaupt
       in Abschiebehaft landete, ist aber die Ausländerbehörde unter dem SPD-Mann
       Ralph Bornhöft. Auf ihren Antrag ordnete das Amtsgericht Hamburg am 9.
       Februar die Abschiebehaft an. Der Flüchtling selbst habe "nichts gesagt",
       sagt ein Gerichtssprecher, aber es habe "der begründete Verdacht bestanden,
       dass er sich der Abschiebung nicht freiwillig stellt". Insbesondere habe er
       "falsche Angaben zur Person gemacht".
       
       Die Ausländerbehörde untersteht der Innenbehörde von CDU-Senator Christoph
       Ahlhaus. Sie hatte herausgefunden, dass David M., bevor er nach Hamburg
       kam, in Polen und in der Schweiz Asyl beantragt und dort sein Alter mit 25
       angegeben hatte. Das Bundesamt für Migration hatte darauf die "Rückführung"
       nach Polen angeordnet. Ins Abschiebegefängnis Hahnöfersand wurde David M.
       aber als 17-Jähriger eingeliefert - die Hamburger Ausländerbehörde
       korrigierte sein Alter nicht nach oben, wie sie es bei minderjährigen
       Flüchtlingen in mehr als der Hälfte der Fälle tut.
       
       Einen völligen Kurswechsel bedeutet der Schritt von Ahlhaus denn auch noch
       nicht. Nach dem Ausländerrecht wäre es möglich, minderjährige Flüchtlinge
       in die Obhut des Jugendamtes zu geben, bevor sie der Ausländerbehörde
       vorgestellt werden. In Hamburg werden sie seit der CDU-Schill-Koalition
       direkt an die Ausländerbehörde überstellt. Innensenator Ahlhaus hat nichts
       gesagt, was darauf hindeutet, dass er an dieser Praxis etwas ändern möchte.
       
       9 Mar 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Wiese
 (DIR) Daniel Wiese
       
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