# taz.de -- Militärischer Berater im Kanzleramt: Merkels rechte Hand
       
       > Erich Vad ist der wichtigste Militärberater der Kanzlerin und soll nun
       > zum General befördert werden. Doch ein Text für ein Blatt der "Neuen
       > Rechten" rückt ihn ins Zwielicht.
       
 (IMG) Bild: Erich Vad über Carl Schmitt.
       
       Erich Vad, 53, ist ein wichtiger Mann für Angela Merkel. Er ist der oberste
       militärische Berater im Kanzleramt. Er ist zuständig für den
       Bundessicherheitsrat. Und er soll im Kundus-Untersuchungsausschuss, vor dem
       er in den kommenden Wochen aussagen soll, allen Unbill von Merkel
       fernhalten.
       
       Oberst Vad ist Merkel so wichtig, dass sie den Leiter der Gruppe 22 im
       Kanzleramt nun zum General befördern lässt, um so dessen ursprünglich
       geplanten Weggang zu verhindern. Einen General auf dieser Planstelle gab es
       seit Helmut Schmidts Zeiten nicht mehr; zahlreiche Vorgänger Vads bemühten
       sich vergeblich um eine Beförderung.
       
       Im politischen Berlin genießt der CDU-Mann Vad einen ausgezeichneten Ruf.
       Beobachter halten ihn für klug und integer. Selbst von
       Verteidigungspolitikern aus der Opposition ist zu hören, er sei ein
       politisch versierter und stets gut informierter Berater, der für die
       Kanzlerin "offenbar so unentbehrlich ist, dass sie ihn unbedingt halten
       will".
       
       Doch die geplante Beförderung Vads löst Beifall von unerwarteter Seite aus:
       Die Rechtsaußenzeitschrift Sezession bejubelt die Beförderung euphorisch.
       "Erich Vad", heißt es auf deren Homepage, "wird - so Gott will und die
       Alliierten es zulassen - am 1. April zum General befördert und bleibt in
       der Nähe Angela Merkels."
       
       Die Sezession wird der Neuen Rechten zugeordnet, einer Strömung, der
       Experten eine "Scharnierfunktion" zwischen Konservatismus und
       Rechtsextremismus zuschreiben. Herausgegeben wird die Zeitschrift vom
       Institut für Staatspolitik, einem neurechten Thinktank mit Sitz auf dem
       Rittergut Schnellroda in Sachsen-Anhalt, das sich als eine Art
       "Reemtsma-Institut von rechts" versteht. "Right is right and left is
       wrong", lautet das Motto der Sezession.
       
       Der skurrile Zwischenruf von Rechtsaußen kommt nicht von ungefähr - und
       rückt den angesehenen Oberst ins Zwielicht. Denn Vad war selbst als Autor
       für die Sezession tätig. Im April 2003 schrieb er einen Text mit dem Titel
       [1]["Freund oder Feind: Zur Aktualität Carl Schmitts"].
       
       Allein dass sich Vad mit Carl Schmitt, dem Kronjuristen der
       Nationalsozialisten, beschäftigt, wird man ihm nicht zum Vorwurf machen
       können - schließlich befassen sich noch heute angehende
       Politikwissenschaftler bereits im Grundstudium mit dessen Schriften.
       
       Doch bemerkenswert ist, wo Vad den Aufsatz veröffentlicht hat. Denn zum
       damaligen Zeitpunkt stand das Institut für Staatspolitik noch im
       Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen - und zwar im
       Kapitel Rechtsextremismus.
       
       Das Institut sei als "Teil des Projekts Junge Freiheit" einzuschätzen,
       heißt es in dem im Frühjahr 2003 vorgestellten Bericht für 2002,
       schließlich hatten Personen aus dem engsten Umfeld der
       Rechtsaußen-Wochenzeitung es im Mai 2000 gegründet: Götz Kubitschek und
       Karlheinz Weißmann, bis heute zentrale Figuren der neurechten Szene.
       
       Von einer zeitweisen Beobachtung des Instituts durch den Verfassungsschutz
       habe er nichts gewusst, sagt Vad dazu heute. Er habe auch das Sprachrohr
       des Instituts, die Sezession, nicht gekannt und zunächst gezögert.
       Schließlich habe er aber zugesagt, weil auch ein ihm bekannter israelischer
       Militärhistoriker in der Ausgabe vertreten gewesen sei. "Aus heutiger Sicht
       würde ich es nicht mehr machen", beteuert Vad im Gespräch mit der taz.
       
       Allerdings hat es auch der Text, den er für die neurechte Zeitschrift
       schrieb, in sich: "Die gestiegene Wahrscheinlichkeit eines Ernstfalls, die
       für Deutschland nach den Angriffen vom 11. September 2001 sehr deutlich
       geworden und die Tragweite der Außen- und Sicherheitspolitik deutlich
       gemacht zu haben schien, hat tatsächlich vor allem die Handlungsunfähigkeit
       einer nachbürgerlichen politischen Klasse gezeigt, deren Weltbild sich
       primär aus reeducation, aus den erstarrten Ritualen der
       Vergangenheitsbewältigung und Achtundsechziger-Mythologie speist", schreibt
       Vad. "Diese geistigen Verirrungen bedürfen eines Gegenmittels, und in der
       politischen Philosophie Carl Schmitts könnte das zur Verfügung stehen."
       
       Der zutiefst Antiliberale Carl Schmitt als "Gegenmittel" gegen angebliche
       Verirrungen der Achtundsechziger?
       
       Schmitts Denken, so schrieb Vad weiter, stehe "im Gegensatz zur
       idealistischen Utopie einer weltweiten Entfaltung der Menschenrechte, eines
       friedlichen Ausgleichs der Kulturen und Zivilisationen sowie freizügiger,
       offener und multikultureller Gesellschaften. Anders als viele hoffen, sind
       gerade diese Gesellschaftskonzepte potenzielle Konfliktherde."
       
       Dieser Beitrag ist nicht der einzige Ausflug Vads in das neurechte Lager
       geblieben. So hielt er im Jahr 2003 auch einen Vortrag bei der
       Winterakademie des Instituts für Staatspolitik, über den die Junge Freiheit
       berichtete.
       
       Wenige Wochen später referierte er bei der Berliner Burschenschaft Gothia,
       die dem strammrechten Zusammenschluss Burschenschaftliche Gemeinschaft
       angehört und sowohl Neurechten als auch Rechtsextremisten wie Horst Mahler
       schon ein Forum geboten hat. Auch über diesen Vortrag Vads berichtete die
       Junge Freiheit voller Lob.
       
       Er habe zu der Zeit sehr viele Anfragen bekommen, sagt Vad dazu heute, der
       damals außen- und sicherheitspolitischer Referent der CSU-Landesgruppe im
       Bundestag war. Und im Detail könne er sich an den Vortrag bei der
       Burschenschaft vor sieben Jahren auch nicht mehr erinnern. "Ich bin kein
       Rechter", sagt Vad.
       
       Dennoch weckt der Vorgang ungute Erinnerungen. Im Jahr 2005 mussten zwei
       junge Berliner CDU-Mitglieder die Partei verlassen, nachdem sie sich im
       Umfeld des Instituts für Staatspolitik und der Jungen Freiheit betätigt
       hatten. Und im Jahr 2008 musste in Thüringen der CDU-Politiker Peter Krause
       auf das Amt des Kultusministers verzichten, weil bekannt geworden war, dass
       er zehn Jahre zuvor für eine kurze Zeit als Redakteur für die Junge
       Freiheit gearbeitet hatte. Dass der General in spe Erich Vad nun ähnlich
       große Schwierigkeiten bekommt, ist kaum zu erwarten. Dafür ist er für
       Merkel zu wichtig.
       
       1 Apr 2010
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.sezession.de/7844/freund-oder-feind-zur-aktualitaet-carl-schmitts.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Schmidt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) "Neue Rechte": Merkels General unter Beschuss
       
       Politiker von Linkspartei, Grünen und SPD kritisieren den hochrangigen
       Kanzlerberater Erich Vad, der für eine Zeitschrift der "Neuen Rechten"
       geschrieben hat.
       
 (DIR) Piratenpartei in der "Jungen Freiheit": Die Freiheit, die wir meinen
       
       Andreas Popp, Vize-Chef der Piraten, hat der rechtskonservativen „Jungen
       Freiheit“ ein Interview gegeben. Politisch war das instinktlos, ideologisch
       problematisch.
       
 (DIR) Zu Besuch bei der "Jungen Freiheit": Mit Stauffenbergs Degen
       
       Die "Junge Freiheit" fing als neurechte Studentenzeitung an. Heute stolpern
       bisweilen Politiker über das Berliner Wochenblatt. Ein Besuch in der
       umstrittensten Redaktion Deutschlands.
       
 (DIR) Was Thüringens Minister in spe schrieb: Krauses aktuellste Hitler-Analyse
       
       Der designierte Thüringer Kultusminister war länger als bekannt als
       rechtslastiger Publizist aktiv. Noch 2003 beschrieb er "die argumentative
       Kraft der nationalsozialistischen Reden".
       
 (DIR) Politologe über Rechts-Blatt „Junge Freiheit“: „Die Seriösität ist äußerst fragwürdig“
       
       Die rechte Postille „Junge Freiheit“, für die der CDU-Politiker Krause
       gearbeitet hat, betreibe meisterhaft die publizistische Verstellungskunst,
       analysiert der Politologe Wolfgang Gessenharter.