# taz.de -- Prozess wegen Winnenden: Vater des Amokläufers vor Gericht
       
       > Über ein Jahr nach der Tat wird der Vater des Winnenden-Amokläufers
       > angeklagt. Doch mit einer hohen Strafe hat er nicht zu rechnen. Die
       > Hinterbliebenen der Opfer sind enttäuscht.
       
 (IMG) Bild: Die Tatwaffe hatte Tim K. seinem Vater entwendet - dieser ist nun wegen "fahrlässiger unerlaubter Überlassung einer Schusswaffe und unerlaubter Überlassung von Munition" angeklagt.
       
       STUTTGART taz | Ursprünglich wollte die Staatsanwaltschaft Stuttgart eine
       wesentlich härtere Anklage gegen den Vater des Amokläufers von Winnenden
       erheben: fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung lautete der
       Vorwurf.
       
       Doch eine Verurteilung sei "nicht mit der erforderlichen
       Wahrscheinlichkeit" zu erwarten, teilte die Jugendkammer des Landgerichts
       Stuttgart am Donnerstag mit. Jetzt ist die Anklage auf "fahrlässige
       unerlaubte Überlassung einer Schusswaffe und unerlaubter Überlassung von
       Munition" zusammengeschrumpft.
       
       Hardy Schober, Vater eines der Opfer und Vorsitzender des Aktionsbündnisses
       Amoklauf Winnenden, hatte sich mehr erhofft: "Eine Anklage haben wir zwar
       schon immer gefordert. Aber es wäre besser gewesen, er müsste sich wegen
       fahrlässiger Tötung verantworten", sagte er der taz. Schober prüft nun, ob
       er als Nebenkläger Beschwerde beim Oberlandesgericht in Stuttgart einlegt.
       Ob sich dem die Staatsanwaltschaft anschließt, ist noch unklar.
       
       Am 11. März 2009 hatte der 17 Jahre alte Amokläufer 15 Menschen und sich
       selbst getötet. Zunächst stürmte er in seine ehemaligen Schule in der
       baden-württembergischen Kleinstadt Winnenden. Auf der Flucht tötete er
       anschließend weiter.
       
       Die Waffe hatte er seinem Vater entwendet, ein begeisterter Sportschütze.
       Nach deutschem Waffenrecht hätte die großkalibrige Beretta in einem
       verschlossenen Tresor im Keller des Hauses lagern müssen. Stattdessen
       versteckte sie der Vater in seinem Kleiderschrank. Ein geladenes Magazin
       lagerte er in einem Handschuh in der Nachttischschublade, ein weiteres in
       seiner Sportschützentasche.
       
       Das Landgericht befand nun, dass der Amokläufer ohnehin an die Pistole
       gekommen wäre, wie eine Sprecherin erläuterte. Denn die Menge an Munition,
       die der Täter mit sich führte, konnte nach ausführlichen Ermittlungen nur
       aus dem Waffenschrank stammen. Also muss er den Code gekannt haben. Dem
       Vater müsste nachgewiesen werden, dass er die Zahlenkombination entweder
       fahrlässig oder mutwillig verraten hat - was nicht möglich sei, so die
       Sprecherin.
       
       Zunächst wollte die Staatsanwaltschaft im vergangenen Jahr einen
       Strafbefehl gegen den Vater aussprechen. Das hätten sowohl das Landgericht
       als auch der Angeklagte akzeptiert. Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger
       forderte jedoch einen Prozess, der die Öffentlichkeit wachrütteln sollte
       und veranlasste eine Klage.
       
       Die kam im November vergangenen Jahres und lautete auf fahrlässige Tötung
       in 15 Fällen, fahrlässige Körperverletzung in 13 Fällen und Verstoß gegen
       das Waffengesetz.
       
       Wer seine Waffe nicht ordentlich aufbewahre, müsse mit einer solchen
       Anklage rechnen, lautete damals die Argumentation. "Mit den strengen
       Bestimmungen des Waffenrechts will der Gesetzgeber gerade auch der Gefahr
       vorbeugen, dass zu Straftaten entschlossene Personen auf Waffen zugreifen
       können", schrieb die Staatsanwaltschaft. Das Landgericht gab aber weitere
       Ermittlungen in Auftrag - unter anderem, um die Frage nach dem Code für den
       Waffenschrank zu klären.
       
       Bleibt es bei der jetzigen Anklage, ist im Falle einer Verurteilung mit
       einer maximalen Strafe von einem Jahr zu rechnen. Die würde wahrscheinlich
       auf Bewährung ausgesetzt. Das gleiche Urteil hätte übrigens auch der
       Strafbefehl ohne Prozess vorgesehen. Bei fahrlässiger Tötung hätten es bis
       zu fünf Jahren Haft sein können.
       
       7 May 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
       
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