# taz.de -- Kommentar NRW: Die wahren Irren
       
       > Die Genossen in Düsseldorf haben gezeigt, dass die Sozialdemokraten
       > derzeit zu mehr als ein bisschen Zirkus nicht in der Lage sind.
       
 (IMG) Bild: Freut sich über ihren Taktik-Coup ohne Mitspracherecht im Bundesrat: Hannelore Kraft (SPD, re.). Sylvia Löhrmann (Grüne) wirbt weiter für eine Minderheitsregierung.
       
       Es gibt da eine Geschichte, die besonders die SPD gerne erzählt: es ist die
       Geschichte von der unzuverlässigen Linkspartei. Mit den Irren von der
       Gysi-Truppe seien keine stabilen Koalitionen möglich und schon gar keine
       von ihnen tolerierte Minderheitenregierung. Sie seien zu unerfahren zu
       radikal, zu wenig einig über ihre Ziele. Nach dem bisherigen Verlauf der
       Koalitionsverhandlungen stellt sich allerdings die Frage in welcher Partei
       die wahren Irrläufer sitzen.
       
       Die SPD hat ihre Hoffnungen in eine völlig unrealistische Ampelkoalition
       gesetzt, die Linkspartei schon nach dem ersten Treffen abserviert , eine
       Minderheitenregierung aus Angst vor der Regionalpresse ausgeschlossen.
       Damit hatten sich die Sozialdemokraten eigentlich schon sämtlicher
       Machtoptionen mit Ausnahme der Großen Koalition beraubt. Das hat auch
       Jürgen Rüttgers erkannt und per BILD-Zeitung ein selbstbewusstes Angebot
       für Schwarz-Rot gemacht. Davon wiederum fühlte sich nun Hannelore Kraft
       vorgeblich beleidigt. Und schloss - schwupps - auch diese Option gleich mit
       aus.
       
       Statt einer angeblich so risikobehafteten Minderheitenregierung mit den
       Grünen, will die SPD nun unter Rüttgers kommissarischer Regentschaft
       Gesetzesvorhaben einbringen, sich wechselnde Mehrheiten suchen und damit
       die Politik verändern. Ein Name für dieses Modell muss wohl erst noch
       gefunden werden.
       
       Und das alles nach den Erfahrungen in Hessen mit Andrea Ypsilanti. Aus
       denen die SPD offenbar rein gar nichts gelernt hat.
       
       Eine erste Lehre hätte beispielsweise sein können, die Linke ernsthaft als
       Koalitionspartner in Erwägung zu ziehen. Es mag in der Partei ein paar
       Traumtänzer geben, aber die Erfahrung zeigt, wie schnell Politikberatung
       von ostdeutschen erfahrenen Landesverbänden geleistet wird, wenn der Linken
       irgendwo Ungemach droht.
       
       Chaotischer als die SPD könnte die Linke ohnehin kaum agieren.
       
       Eine zweite Lehre könnte sein - auch wenn man mit der Linken nicht
       ernsthaft regieren will, das der CDU nicht gar so deutlich zu zeigen. Das
       könnte bei künftigen Verhandlungen wirklich von Vorteil sein.
       
       Die dritte Lehre wäre, mal an der Spitze der Bundes-SPD zu klären, wem man
       nun eigentlich näher steht: der Linken oder der CDU. Weil die Gabriels und
       Steinmeiers in dieser Frage nicht aus dem Tee kommen, verheizt die Partei
       gerade die zweite Frau, welche die Partei aus dem Abgrund zumindest auf
       eine lichtere Tahlsohle geführt hat.
       
       In Berlin mag man sich im Willy-Brandt-Haus bis heute Abend noch über den
       Coup gefreut haben, Linke und Konservative mit der Nominierung von Joachim
       Gauck als Bundespräsidentenkandidat unter Druck gesetzt zu haben. Es war
       auch ein gelungenes Kabinettstückchen. In Düsseldorf hat die
       Sozialdemokratie jedoch gezeigt, dass man zu mehr als ein bisschen Zirkus
       nicht in der Lage ist.
       
       11 Jun 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Schulz
       
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