# taz.de -- Krise in Kirgisien: Das russische Dilemma
       
       > Der Kreml zögert mit der Entsendung von Truppen. Die Voraussetzungen für
       > eine russische Friedensmission seien noch nicht gegeben.
       
 (IMG) Bild: Will einen Präzedenzfall vermeiden: Russlands Präsident Dmitri Medwedjew.
       
       MOSKAU taz Russlands Präsident Dmitri Medwedjew zögert. Bislang seien die
       Voraussetzungen für den Einsatz russischer Friedenstruppen in Kirgisien
       nicht gegeben, hieß es aus dem Kreml. Die kirgisische Übergangsregierung
       hatte Moskau um Beistand gebeten. Doch am Sonntag schickte Moskau nur 150
       Fallschirmjäger mit begrenztem Auftrag: Sie sollen die russischen
       Militärbasen schützen.
       
       Angesichts der explosiven Lage in Kirgisien trafen sich am Montag im Moskau
       Vertreter der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS).
       Neben Russland und Kirgisien gehören dem Bündnis auch Kasachstan,
       Usbekistan, Armenien und Weißrussland an. Ob die OVKS aber Truppen schickt,
       ist unsicher.
       
       Usbekistan, Tadschikistan und Kasachstan lehnen das mit der Begründung ab,
       die Ereignisse seien eine innere Angelegenheit Kirgisiens. Die Machthaber
       fürchten, mit einer Friedensmission nach Kirgisien den Konflikt ins eigene
       Land zu holen. Auch dort schlummern ethnische Konflikte. Überdies will man
       einen Präzedenzfall vermeiden. Eine Mission, die unter der Ägide Moskaus
       stattfände, würde den Einfluss des ehemaligen Kolonialherren wieder
       verstärken. Moskau ist sich dessen bewusst und tritt zurückhaltend auf.
       
       Der russische Exaußenminister Igor Iwanow plädierte in Radio Liberty für
       den Einsatz des OVKS, abgesichert durch ein UN-Mandat. Iwanow zweifelt, ob
       Kirgisien in der Lage sein werde, die Unruhen zu beenden. Langfristig
       würden daher auch Russlands Interessen berührt, warnt er. Islamisten aus
       Afghanistan und Pakistan würden die Regionen infiltrieren.
       
       Russland steht vor einem Dilemma: Greift es ein, würde der Vorwurf des
       Rollback laut werden. Hält es sich heraus, dürfte es an Einfluss verlieren.
       Langfristig würde die Destabilisierung, die vom Drogenhandel und dem
       islamischen Fundamentalismus ausgeht, den Süden Russland infizieren.
       Nutznießer wäre China, das seinen Einfluss auf die Region ausbauen konnte.
       
       Auch die Konkurrenz zwischen den USA und Russland erschwert eine Lösung des
       Konflikts. Die USA nutzen Kirgisien als Basis für die Versorgung der
       Truppen in Nordafghanistan. Seit Jahren schon drängt der Kreml die Kirgisen
       daher, diese Basis zu schließen. Moskau sieht in der US-Präsenz einen
       Versuch Washingtons, dort Fuß zu fassen.
       
       Am Dienstag hat UN-Generalsekretär Ban Ki Moon mit dem russischen
       Außenminister Sergei Lawrow über Kirgisien gesprochen. Nach UN-Angaben
       sagte Ban bei dem Telefonat, er sei "dankbar für Russlands Bemühungen um
       eine Linderung der alarmierenden humanitären Lage" in Zentralasien.
       
       KLAUS-HELGE DONATH
       
       16 Jun 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus-Helge Donath
       
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