# taz.de -- Kommentar Joachim Löw: Der Mut zum Risiko
       
       > Der DFB-Fußball hat sich auf den Weg in die Zukunft gemacht. Es wäre
       > traurig, wenn die Deutschen zum ersten Mal in der Nachkriegszeit nach
       > einer WM-Vorrunde ausscheiden.
       
 (IMG) Bild: Wird von seinen Stuttgarter Kollegen "Helmut" genannt: Cacau.
       
       Es wäre traurig, wenn die deutsche Fußballnationalmannschaft am Mittwoch
       zum ersten Mal in ihrer Nachkriegsgeschichte nach einer WM-Vorrunde
       ausscheiden würde. Traurig? Ja. Weil es all jenen Bedenkenträgern Auftrieb
       gäbe, die schon immer wussten, dass Veränderung gefährlich ist.
       
       Ausgerechnet der klassisch-verkrustete Verbandsfußball hat etwas
       angestoßen, was in vielen Bereichen von Gesellschaft, Wirtschaft und
       Politik gern hinausgeschoben wird: Er hat sich geändert, weil er sich
       ändern musste, um eine Zukunft zu haben. Er müht sich um Nachhaltigkeit, er
       ist international und progressiv. Das ist die große Leistung des
       Bundestrainers Joachim Löw und seines Vorgängers Klinsmann. Ihretwegen hat
       "La Mannschaft" den Sprung ins 21. Jahrhundert in vielen Bereichen
       geschafft.
       
       Klar: Auch 1974 und 1990 wurde Deutschland nicht Weltmeister, weil es
       Panzer hatte. Sondern großartige Spieler. Aber wer mit dem Mythos von Bern
       und den Förster-Elflingen aufgewachsen ist, hätte sich nie vorstellen
       können, dass Deutschland mal "Jogi bonito" spielen würde: einen Fußball,
       der wettbewerbsfähig ist und gleichzeitig schöne Momente hervorbringt. Es
       war Klinsmann - einst Spieler bei Cesar Luis Menotti -, der spürte, dass es
       eine gesellschaftliche Mehrheit für den Wandel gibt, dass der
       Weiter-so-Fußball nicht mehr funktioniert und ausgedient hat, weil selbst
       das Erreichen des Finales nicht für ein grauenhaftes Turnier entschädigt,
       kurz: dass die Deutschen einen prestigeträchtigeren Fußball konsumieren
       wollten.
       
       Das DFB-Team agiert und riskiert etwas. Das steht zwar quer zum WM-Trend
       wie auch zum gesellschaftlichen Bedürfnis nach safety first. Aber wenn man
       nicht mal beim Fußball etwas riskieren kann - wo dann? Gut so. Merkel hätte
       die alten Fußballlobbys sicher nicht so energisch zurückgedrängt, die SPD
       schon gar nicht. Und die Grünen hätten Sepp Maier vielleicht noch zum
       Ko-Bundestrainer gemacht, damit alles schön in strategischer Lähmung
       bleibt.
       
       Wenn es eine Analogie von Fußball und Gesellschaft gibt, dann, dass der
       deutsche Nachkriegsmythos nicht mehr trägt. Der DFB-Fußball hat sich auf
       den Weg in die Zukunft gemacht. Das bleibt (hoffentlich) auch im Falle
       eines Ausscheidens so. Die entscheidende Frage ist nicht, ob Lahm und Özil
       bereit sind, wenn es gilt. Sondern, ob wir es sind. Pathetisch? Ist aber
       so.
       
       22 Jun 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Unfried
       
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