# taz.de -- Vor den Wahlen in Burundi: Handgranaten statt Wahlkampf
       
       > Mit Anschlägen will Burundis Opposition die Präsidentschaftswahl am
       > Montag verhindern. Oppositionsführer Rwasa soll im Kongo Kämpfer sammeln.
       
 (IMG) Bild: Der derzeitige Präsident Pierre Nkurunziza ist als einziger Kandidat übrig geblieben.
       
       BUJUMBURA taz | Vorsichtig setzt Clemence Hakizimana ihr Baby in die Wanne.
       Die junge Mutter spritzt Wasser in das Gesicht der acht Monate alten
       Diella. Doch das Mädchen reagiert kaum - sie steht unter Schock. Eine
       Handgranate war am Abend zuvor im Vorderhaus der Familie explodiert, die in
       einem Armenviertel in Burundis Hauptstadt Bujumbura eine kleine Bar
       unterhält.
       
       Der Vater, der Barbesitzer, wurde direkt getroffen. Er starb noch in der
       Nacht im Krankenhaus. Mutter Hakizimana und das Baby bekamen Splitter ab.
       Das große Pflaster auf dem Kinderrücken bezeugt: Die kleine Diella hat
       einen Granatsplitter tief in ihrer Wirbelsäule stecken. Kein Arzt in
       Burundi könne diesen je entfernen, klagt die Mutter.
       
       Nur wenige Tage vor den Präsidentschaftswahlen am kommenden Montag versinkt
       Burundi in Gewalt. Die Wahlserie, die im Mai mit den Kommunalwahlen begann
       und im Juli und September mit Parlaments- und Lokalwahlen endet, hat das
       einstige Bürgerkriegsland erneut tief gespalten.
       
       Die Opposition zog sich aus dem Wahlkampf zurück, weil ihrer Meinung nach
       die regierende frühere Hutu-Rebellenbewegung CNDD-FDD (Nationalkomitee zur
       Verteidigung der Demokratie/Kräfte zur Verteidigung der Demokratie) die
       Kommunalwahlen vom Mai gefälscht hat. So bleibt dem Volk am Montag nur die
       Wahl, für den derzeitigen Präsidenten Pierre Nkurunziza zu stimmen. Die
       Opposition hingegen ruft auf, die Wahl zu boykottieren, und will dem
       Boykott mit Gewalt nachhelfen.
       
       Polizeisprecher Channel Ntarabaganyi kommt kaum mit dem Zählen nach:
       Zwischen dem 11. und dem 17. Juni waren es 35 Anschläge. In der vergangenen
       Woche mindestens weitere sechs. Die aktuelle Zahl der Verletzten und
       Getöteten kann er nicht nennen.
       
       Die Anschläge sollen die Bevölkerung erschrecken, damit sich am Wahltag
       niemand in die Wahllokale traut. "Wir rechnen am Wochenende mit einer Serie
       von Anschlägen", sagt Pacifique Nininahazwe, Vorsitzender des Forums für
       die Stärkung der Zivilgesellschaft (FORSC).
       
       Für die Anschläge wird die einst radikalste burundische Hutu-Guerilla
       "Nationale Befreiungsfront" (FNL) verantwortlich gemacht. Die
       Rebellengruppe legte erst im vergangenen Jahr ihre Waffen nieder. Bei den
       Kommunalwahlen bekam sie 14 Prozent und wurde zweitstärkste Kraft - ein
       Zeichen, dass ein Teil der Bevölkerung auch Gewalt als Option sieht.
       
       Vorsorglich hat die Präsidentengarde den FNL-Führer Agathon Rwasa unter
       Hausarrest gestellt. Bis vor wenigen Tagen saß er verängstigt auf der
       Veranda seiner gewaltigen Villa gleich neben dem Präsidentenpalast, hoch
       oben auf einem Hügel. Er habe Angst um sein Leben, sagte er der taz und
       drohte: "Wir wollen eigentlich nicht in den Krieg zurück. Aber machbar wäre
       es."
       
       Die FNL verfügt weiterhin über Waffen. Ihre 21.000 Kämpfer übergaben im
       vergangenen Jahr lediglich 733 Waffen - Granatwerfer, Mörser, Gewehre. Der
       Rest ist wohl noch versteckt. Daher brach in Bujumbura am Mittwoch Panik
       aus, als das Gerücht umging, Rwasa sei frühmorgens aus seiner Villa
       verschwunden. Er habe sich Richtung Ostkongo aufgemacht, bestätigt die
       Präsidentengarde. Man vermutet, dass er in den Bergen seine Exkämpfer
       mobilisiert.
       
       24 Jun 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schlindwein
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Burundi
 (DIR) Burundi
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Wahlergebnisse in Burundi: Präsident überraschend schwach
       
       In der Hauptstadt scheint Burundis Präsident Pierre Nkurunziza nicht vorne
       zu liegen. Auf dem Land sieht es aber anders aus.
       
 (DIR) Mord an Nonnen in Burundi: Ordensschwestern bestialisch getötet
       
       Drei katholische Nonnen wurden in Burundis Hauptstadt Bujumbura
       vergewaltigt und geköpft. Jetzt wurde ein mutmaßlicher Täter gefasst.
       
 (DIR) Wahl in Burundi: Nkurunzizas Sattel wackelt
       
       Die unwahrscheinlich hohe Wahlbeteiligung bei der Wiederwahl des
       burundischen Präsidenten Nkurunziza macht Beobachter skeptisch. Wie es
       weitergeht, hängt von der Opposition ab.