# taz.de -- Deutsche WM-Fans unter Beobachtung: Zwischen den Stühlen
> Hauptkommissar Ulf Stamer beobachtet deutsche Fans in Südafrika. Seine
> Aufgaben: Deeskalieren, vermitteln, sich fotografieren lassen. Nur selber
> Fan sein ist verboten.
(IMG) Bild: Deutsche Fans vor dem Soccer-City Stadion in Johannesburg.
PRETORIA taz | Ulf Stamer wird in diesen Tagen öfters mal abgelichtet. Wenn
deutsche Fans auf den Polizeibeamten aus Frankfurt treffen, dann stellen
sie sich neben den Hauptkommissar und lassen sich fotografieren. "Jeder
will mit uns ein Bild schießen, das ist eigentlich unsere Hauptaufgabe
hier", sagt er und korrigiert sich sofort, denn natürlich hätten die acht
deutschen Beamten, darunter auch welche von der Zentralen
Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) in Neuss, viel Wichtigeres in
Südafrika zu tun, als nur ins Objektiv zu lächeln.
Doch Größeres, sagt Stamer, sei bislang noch nicht passiert in den gut zwei
WM-Wochen. Beim entscheidenden Vorrundenspiel gegen Ghana habe es im
deutschen Block allerdings ein wenig Aufruhr gegeben, weil Plastikflaschen
geworfen wurden und die deutschen Fans unbedingt stehen wollten. "Da haben
einige Südafrikaner den Block verlassen", sagt Stamer, "die konnten nichts
mehr sehen". Und die südafrikanische Polizei sei nervös geworden.
In solchen Fällen vermitteln die szenekundigen Beamten aus Deutschland.
Stamer hat der südafrikanischen Polizei erklärt, dass der deutsche
Fußballfan eben gern mal steht im Stadion, auch wenn nur Sitzplätze
vorhanden sind. "Natürlich wird es hier auch künftig keine Stehblöcke
geben, selbst wenn das deutsche Fankultur sein sollte", sagt Stamer. Sein
Kollege, Polizeirat Hendrik Große-Lefert, berichtet von einem weiteren
Zwischenfall: In Durban hatte die südafrikanische Polizei einschreiten
wollen, weil deutsche Fans in der Öffentlichkeit Alkohol getrunken haben.
Das ist in Südafrika verboten.
Auch in diesem Fall sorgten die so genannten Spotter für eine Deeskalation
der Lage. Viel können sie ohnehin nicht ausrichten, "denn wir haben hier
keine Hoheitsaufgaben, wir beraten und beobachten nur". Stamer sagt, dass
er ein absoluter Fußballkenner sein müsse, aber ein Fan darf er niemals
sein. Denn es gehe bei aller Leutseligkeit um Distanz. "Man ist immer
zwischen den Stühlen", sagt Stamer, "es ist immer eine Gratwanderung: Wann
schreitet man ein und was lässt man durchgehen?"
Südafrika hat etwa 200 Polizeibeamte aus 29 teilnehmenden Nationen
eingeladen; nur die Flüge mussten selbst bezahlt werden, den Rest übernimmt
der WM-Gastgeber. Ihre Einsatzzentrale haben sie in einem Hotel am Burgers
Park in Pretoria. Die Chefin des International Police Cooperation Centre
(IPCC) ist Colonel Charmain Muller, eine resolute südafrikanische
Polizeibeamtin, die vorgibt, viel von den deutschen Beamten gelernt zu
haben, vor allem was den Einsatz von Spottern im Stadion und unter den Fans
betrifft. Dieses Vorgehen sei in Südafrika unbekannt gewesen, sagt sie.
"Das System der proaktiven Überwachung wollen wir auch nach dem World Cup
weiterführen." Muller ist vor der Weltmeisterschaft nach Deutschland
gereist und hat sich erklären lassen, wie man eine Fußball-WM am sichersten
organisiert. Im Zuge der internationalen Kooperation konnte sie außerdem
auf diverse Datensammlungen zugreifen. "Wir hatten viele Passnummern von
Hooligans", sagt sie, "so konnten wir 19 argentinische Hooligans, die
einreisen wollten, wieder nach Hause schicken". Die meisten einschlägig
registrierten Fans seien aber bereits in ihren Herkunftsländern an der
Ausreise gehindert worden; in Deutschland hat man dafür den Begriff
"Gefährdungsansprache" erfunden.
Das Heer, das in Südafrika für Sicherheit in und um die Stadien sorgt, wird
auf 200.000 Leute geschätzt. Darunter sind 44.000 Polizisten und 10.000
Reservisten von der Polizei. Es gibt eine spezielle Task Force zur
Verhinderung terroristischer Anschläge. Am Samstag konnte sie vermelden,
dass man zwei terrorverdächtige Pakistanis, die mit gefälschten
kenianischen Pässen von Simbabwe aus nach Südafrika einreisen wollten,
verhaftet habe. "Es läuft gut", sagt Muller und blickt herüber zu
Hauptkommissar Ulf Stamer, der sich gerade wieder zu einem Gruppenbild
aufstellt.
Stamer steht lächelnd und in blauer Uniform neben Innenminister Lothar de
Maiziere und scheint wieder einmal seiner Hauptaufgabe nachzugehen: gute
Miene machen. "Gehört halt auch dazu", sagt Stamer, "es geht nicht immer
nur um den 163er, den Strafverfolgungszwang und so".
27 Jun 2010
## AUTOREN
(DIR) Markus Völker
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