# taz.de -- Ölkatastrophe im Golf von Mexiko: Rettung hängt an großer Glocke
> Nächster Anlauf, das Bohrloch im Golf von Mexiko abzudichten: BP will
> eine neue Absaugglocke über das Leck stülpen. Die Katastrophe hat den
> Konzern bislang 3,5 Milliarden Dollar gekostet.
(IMG) Bild: Sollen eine neue Absaugglocke über das Ölleck im Golf von Mexiko stülpen: Transocean-Techniker auf einem Arbeitsschiff.
BERLIN taz | Seit Samstag sprudelt das Öl wieder ungehindert durch das
undichte Bohrloch der gesunkenen Plattform "Deepwater Horizon" im Golf von
Mexiko. Wie viel Öl Tag für Tag strömt, weiß offenbar niemand genau, die
Schätzungen der US-Behörden reichen von 5,7 Millionen bis 9,5 Millionen
Liter.
Doch das nehmen die BP-Leute in Kauf, denn schließlich hoffen sie in den
kommenden Tagen eine neue Absaugglocke auf das Loch setzen zu können, die
dichter ist als die bisherige. Sie konnte nur rund 3,8 Millionen Liter pro
Tag abfangen, der Rest floss direkt ins Meer. Die Tauchglocke wurde nun
demontiert, die neue größere soll spätestens Ende der Woche auf dem
Bohrloch aufgesetzt sein und es vorläufig abdichten.
Doch selbst wenn die riskante Prozedur klappt, müssen noch bis mindestens
Mitte August Tankschiffe das Öl aus der Glocke aufnehmen. Frühestens dann
wird die geplante zweite Bohrung so weit sein, dass durch sie Zement und
Schlamm in das Loch gepumpt werden kann.
Die Montage des neuen Deckels ist höchst kompliziert. So müssen Roboter
erst einmal einen Rohrstumpen mit zackigen Enden abschrauben, der aus dem
"Blowout Preventer" ragt und verhinderte, dass der bisherige "Hut" fest
genug saß.
Ob das alles klappt, ist nicht sicher, BP weist immer wieder auf die Tiefe
von 1.500 Metern hin, in der gearbeitet werden muss. Auch die neue
Absaugglocke sei noch nie in dieser Tiefe oder unter solchen Bedingungen
angebracht worden, erklärte das Unternehmen. Es gebe daher "keine
Gewissheit, dass sie erfolgreich oder innerhalb des angesetzten Zeitrahmens
installiert wird".
Die Kosten für die Bekämpfung der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko steigen
derweil kontinuierlich an. Sie lägen jetzt bei 3,5 Milliarden Dollar, sagte
ein BP-Sprecher am Montag in London. Das sind 2,78 Milliarden Euro. Davon
unabhängig ist ein Fonds für Schadensersatzforderungen, für den BP bisher
20 Milliarden Dollar zugesagt hat.
Dennoch scheint der Konzern auch in Zukunft trotz der Risiken nicht auf die
Tiefseebohrung verzichten zu wollen. "Ich glaube nicht, dass ein Stopp der
Unterwasserförderung eine realistische Lösung ist", sagte der Chefvolkswirt
und Vizepräsident des BP-Konzerns, der Deutsche Christof Rühl, dem
Tagesspiegel (Montagsausgabe). Tiefseeöl aus mehr als 300 Metern Tiefe
mache zwar nur etwa 6 Prozent der weltweiten Ölförderung aus, "aber es ist
ein Wachstumsbereich". Rund 30 Prozent des geförderten Öls würden aus der
Tiefsee und flacheren Gewässern geholt. Wolle man auch die verbieten, würde
"der Ölpreis ganz erheblich steigen", sagte Rühl.
Erst am Freitag Mitteleuropäischer Zeit war die US-Regierung erneut vor
Gericht gescheitert, als sie versuchte, einen Stopp für Tiefseeölbohrungen
durchzusetzen. Ein Gericht in New Orleans wies in einer
Berufungsverhandlung einen entsprechenden Antrag der Regierung ab. Bereits
im Juni hatte ein Bundesgericht einen von US-Präsident Barack Obama
verhängten Ölbohrstopp per einstweilige Verfügung aufgehoben. Das
sechsmonatige Moratorium, mit dem Obama auf die Ölpest im Golf reagiert
hatte, sei rechtswidrig, entschied das Gericht im Juni. Es entsprach damit
einer Klage von 32 Ölunternehmen.
12 Jul 2010
## AUTOREN
(DIR) Stephan Kosch
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