# taz.de -- Washington Post setzt auf Open Data: Moderner Datenjournalismus
       
       > Zwei Jahre recherchierte die Zeitung nach Informationen für "Top Secret
       > America". Jetzt stehen die Daten für eigene Analysen der Leser zur
       > Verfügung.
       
 (IMG) Bild: Aufwendig aufbereitet: Eine interaktive Karte zeigt das Netz an staatlichen Institutionen in den USA.
       
       Einst war es im investigativen Journalismus vor allem wichtig, sensible
       Dokumente aufzufinden und dann zu veröffentlichten – die [1]["Pentagon
       Papers"] in der Watergate-Affäre sind hier ein berühmtes Beispiel.
       Heutzutage wandelt sich in vielen Bereichen das Bild: Oftmals liegen die
       interessanten Daten aufgrund gesetzlicher Veröffentlichungspflichten völlig
       offen bei Behörden und auf Websites, oder stecken in frei publizierten
       Geschäftsberichten. [2]["Offene Geheimnisse"] nennt dies der renommierte
       Journalist und Buchautor Malcolm Gladwell – hätten Reporter beispielsweise
       früher detailliert in die Quartalsabschlüsse des zusammengebrochenen
       US-Energieriesen Enron geschaut, wäre der gigantische Skandal um die Firma
       im Jahr 2001 viel früher aufgedeckt worden.
       
       Dagegen helfen neue Strategien, die sich "Computer Assisted Reporting",
       kurz CAR, nennen. Die Technik, die man auch als "Datenbankjournalismus"
       bezeichnet, nutzt eigens entwickelte Programme, um relevante Informationen
       aus Datenbergen zusammenzutragen. Diese werden dann entweder zu spannenden
       Geschichten verwurstet oder - was vielleicht noch nützlicher ist - zu
       interaktiven Web-Formaten, bei denen die Nutzer selbst eine sie
       interessierende Ansicht wählen. Und wenn CAR nichts nutzt, helfen die Leser
       mittels "Crowd Sourcing" selbst mit – so zum Beispiel [3][in der
       Spesenaffäre] um britische Parlamentarier, bei denen englische Zeitungen
       ihre Nutzer die dollsten Dinger aus dem Papierberg zusammensuchen ließen.
       
       Für Furore in Sachen CAR sorgt seit dieser Woche auch die renommierte
       "Washington Post". Sie hat unter der Überschrift [4]["Top Secret America"]
       ein Projekt angeschoben, das den militärisch-industriellen Komplex der
       Vereinigten Staaten mithilfe von interaktiven Infografiken in bislang
       unbekanntem Detailreichtum aufdröselt. Es ist das erste Mal, dass so viele
       Informationen zu dem Sicherheitsapparat, den das Land nach den Ereignissen
       des 11. September 2001 aufgebaut hat, in dieser Breite veröffentlicht
       wurden. Mit der grafisch gut gemachten Web-Anwendung ist es beispielsweise
       möglich, nachzuvollziehen mit welchen Firmen Militärs und
       Geheimdienstabteilungen (von denen es in den USA mittlerweile eine
       scheinbar unendliche Anzahl gibt) zusammenarbeiten, wo die Firmen und
       Behörden sitzen und was sie (falls überhaupt bekannt) tun. Ergänzt wird das
       Angebot durch umfassende Dossiers, Videos und die Möglichkeit mit den
       Reportern zu chatten.
       
       All das ist nur möglich, weil viele der Informationen frei bereitstehen.
       "Top Secret America" kombiniert dabei CAR mit den Zielen der sogenannten
       "Open Data"-Bewegung. Die will dafür sorgen, dass mehr und detailliertere
       Informationen von Behörden und Verwaltungen auf allen Ebenen frei ins Netz
       gestellt werden – von den Echtzeitdaten der Londoner U-Bahn bis hin zu
       Statistiken zu Polizeieinsätzen oder dem Geldeinsatz von Gemeinden.
       
       Neben "Infohackern" und Datenjunkies, die an Anwendungen für all die Daten
       schrauben, gibt es auch Unterstützer aus der Politik: Der neue britische
       Premier David Cameron tat sich hier in der Vergangenheit als Anhänger einer
       möglichst liberalen Freigabe hervor. "Wenn wir die Daten haben, können wir
       besser reagieren", sagte er auf der High-Tech-Konferenz "TED" unter viel
       Applaus des Publikums.
       
       23 Jul 2010
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.gwu.edu/~nsarchiv/NSAEBB/NSAEBB48/
 (DIR) [2] http://www.gladwell.com/2007/2007_01_08_a_secrets.html
 (DIR) [3] http://mps-expenses.guardian.co.uk/
 (DIR) [4] http://projects.washingtonpost.com/top-secret-america/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ben Schwan
       
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