# taz.de -- Fluten in Pakistan: Größte Naturkatastrophe seit langem
       
       > Knapp zwei Wochen nach Beginn der Überschwemmungen bittet die UN dringend
       > um Hilfe. Sechs Millionen Menschen sind unmittelbar bedroht, doch die
       > Hilfen laufen nur langsam an.
       
 (IMG) Bild: Bis zur Brust im Wasser: Flutopfer Lal Khan (70) in Punjab.
       
       Knapp zwei Wochen nach Beginn der schweren Monsunüberschwemmungen in
       Pakistan rufen die Vereinten Nationen jetzt zu massiver internationaler
       Hilfe auf. Die UN-Zentrale in New York bat am Mittwochabend in einem
       dringenden Hilfsappell um 460 Millionen Dollar (353 Millionen Euro) zur
       Versorgung von inzwischen sechs Millionen Menschen in schwerer Not. "Für
       den Moment konzentrieren wir uns auf sechs Millionen Menschen, die direkte
       humanitäre Hilfe brauchen, um zu überleben", sagte Elizabeth Byrs,
       Sprecherin der humanitären Koordinierungsstelle der UNO (Ocha) in Genf.
       
       Das menschliche Ausmaß der pakistanischen Katastrophe sei größer als das
       des Tsunami 2004, des pakistanischen Erdbebens 2005 und des haitianischen
       Erdbebens im Januar 2010 zusammengenommen, so Ocha. Pakistanische Behörden
       sprechen von 14 Millionen Betroffenen. Diese Zahl schließt allerdings auch
       all jene ein, die jenseits von unmittelbaren Flutschäden ökonomische
       Nachteile zu erwarten haben, zum Beispiel Ernteausfälle oder
       Arbeitsplatzverlust. Unter den sechs Millionen direkt Betroffenen sind
       zahlreiche Flüchtlinge aus Afghanistan: 1,4 der 1,7 Millionen registrierten
       afghanischen Flüchtlinge in Pakistan leben nach Angaben des
       UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in den Flutgebieten.
       
       "Die internationale Gemeinschaft hat bisher nur verhalten reagiert",
       kritisiert Paul Bendix, Geschäftsführer von Oxfam Deutschland. Nur fünf
       Länder, die USA, Australien, Großbritannien, Italien und Kuwait, hätten
       mehr als fünf Millionen Dollar zur Verfügung gestellt, so Oxfam in
       Pakistan. Bislang liegt der Stand der Zusagen bei 140 Millionen Dollar,
       davon 55 Millionen seitens der USA. Das sind zehn Dollar für jeden
       Betroffenen. In Haiti, so Oxfam, seien zu einer vergleichbaren Zeit nach
       dem Erdbeben im Januar 495 Dollar pro Kopf verfügbar gewesen.
       
       Allein Lebensmittelhilfe für die Flutopfer in den nächsten vier Monaten
       dürfte nach UN-Schätzungen 100 Millionen Dollar kosten. Unmittelbare
       Priorität hat der Zugang zu sauberem Wasser. Das UN-Welternährungsprogramm
       WFP hat 340.000 Menschen mit Lebensmitteln für einen Monat versorgt; das
       UN-Kinderhilfswerk Unicef liefert Behandlungskits für zwei Millionen
       Durchfallerkrankungen bei Kindern und startet eine Masern-Impfkampagne; das
       UNHCR hat mehrere zehntausend Zelte und Decken an Flüchtlinge verteilt.
       
       Die UNO warnt unterdessen vor einer "zweiten Todeswelle". Maurizio
       Giuliano, Ocha-Sprecher in Pakistan, sagte: "Bislang ist die Anzahl der
       Toten begrenzt, weniger als 2.000 Menschen sind gestorben." Aber es könnten
       nun viele weitere an Krankheit und Unterernährung sterben. "Wir müssen
       schnell sein."
       
       Dazu kommt islamistische Konkurrenz. Pakistans Taliban haben die Regierung
       aufgefordert, internationale Hilfe abzulehnen, und für diesen Fall 20
       Millionen Dollar angeboten. Talibansprecher Maulana Asam Tariq erklärte
       dazu: "Alle Unterstützung, die kommt, ist von den Christen und Juden."
       
       12 Aug 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) taz-Debatte der Woche: Pakistans doppeltes Elend
       
       Die Flutkatastrophe könnte den ohnehin maroden Staat Pakistan endgültig zum
       Zerbrechen und die Islamisten an die Macht bringen.
       
 (DIR) Kommentar Hochwasser in Pakistan: Die Rangfolge der Empathie
       
       Spenden- und Hilfsbereitschaft für die Opfer hat meist mehr mit Empathie zu
       tun als mit der Schwere einer Katastrophe – und Pakistan ruft negative
       Assoziationen hervor.
       
 (DIR) Flut in Pakistan: Opfer im Wasser, Helfer aus der Luft
       
       Nachdem in Pakistan lange nichts geschah und die Verzweiflung stieg, wird
       jetzt mit US-Hubschraubern und UN-Hilfswerken geklotzt. Der Wettlauf der
       TV-Bilder beginnt.
       
 (DIR) Kommentar Naturkatastrophen und Atom: Die verdrängte Gefahr
       
       Klar ist: Atomanlagen und ihre Hinterlassenschaften sind für
       Naturkatastrophen höchst anfällig. Diese Erkenntnis wird in der Praxis gern
       verdrängt.