# taz.de -- Flut in Pakistan: Opfer im Wasser, Helfer aus der Luft
       
       > Nachdem in Pakistan lange nichts geschah und die Verzweiflung stieg, wird
       > jetzt mit US-Hubschraubern und UN-Hilfswerken geklotzt. Der Wettlauf der
       > TV-Bilder beginnt.
       
 (IMG) Bild: Ein Bild, veröffentlicht vom US-Verteidigungsministerium, zeigt einen Hilfshubschrauber in Pakistan.
       
       DELHI taz | Der Regen in Pakistan hat nachgelassen. Deshalb konnten die
       sechs US-amerikanischen Armeehubschrauber in den letzten Tagen wieder
       fliegen, die seit einer Woche zur Rettung pakistanischer Flutopfer bereit
       gestanden hatten. Bis Donnerstag brachten die US-Flieger 2700 Obdachlose
       aus dem besonders schwer von den Fluten betroffenen Swat-Tal in
       Nordwest-Pakistan in Sicherheit. Zudem flogen die Medien mit.
       
       Das brachte vor allem an der Image-Front die erhoffte Entspannung für die
       USA und ihre westlichen Nato-Verbündeten. Endlich gab es spektakuläre
       Rettungsaufnahmen. CNN und das pakistanische Fernsehen bedankten sich. Gute
       TV-Bilder hatten in den vorherigen Regentagen gefehlt und den Hilfseinsatz
       der im Nordwesten Pakistans massiv militärisch präsenten USA an der Seite
       der pakistanischen Regierung wenig erfolgreich wirken lassen. Gestern aber
       verstärkten die USA noch einmal die zur Fluthilfe bestimmte
       Hubschrauberflotte: An der pakistanischen Küste traf das US-Kriegschiff
       "USS Peleliu" mit 19 Hubschraubern und 1000 Soldaten an Bord ein.
       
       Damit wirbt Washington im Wettstreit mit nichtstaatlichen islamischen
       Hilfsorganisationen um die Sympathie der pakistanischen Bevölkerung
       inmitten der Flutkatastrophe. Nach dem großen Erdbeben im pakistanischen
       Kaschmir im Jahr 2005 war es den USA schon einmal gelungen, mit
       medienwirksamen Hubschraubereinsätzen für die Erdbebenopfer das sonst eher
       negative öffentliche Bild der USA in Pakistan positiv zu wenden.
       
       Abseits des Medienspektakels aber steigen die Fluten in Pakistan weiter an.
       Gestern wurde im Süden des Landes an den Ufern des Indus ein weitere große
       Flutwelle erwartet, die erneut Tausende von Bauern feld- und obdachlos zu
       machen drohte. Zwar sind die meisten Anwohner des Indus, Pakistans größtem
       Fluss, inzwischen von der pakistanischen Armee evakuiert worden. Die Zahl
       der Todesopfer dürfte deshalb kurzfristig nicht mehr drastisch ansteigen.
       Doch sind nun die langfristigen Lebensgrundlagen von umso mehr Menschen in
       Gefahr.
       
       Täglich steigen die Schätzungen über die Zahl der Betroffenen. Nach Angaben
       des UN-Kinderhilfswerks UNICEF sind unter den 14 Millionen von der UN
       geschätzen Flutbetroffenen allein sechs Millionen Kinder. 2,7 Millionen von
       ihnen bedürften lebensrettender Hilfe, sagt UNICEF.
       
       Nach einem der größten UN-Spendenaufrufe aller Zeiten vom Mittwoch wollen
       die UN-Organisationen in Pakistan offenbar klotzen. Sie versprechen, mit
       ihren Hilfsleistungen innerhalb einer Woche sechs Millionen Flutopfer
       erreichen zu können. Allerdings bleibt damit nach eigenen Angaben der UN
       über die Hälfte der mittelbar Betroffenen auch in einer Woche noch ohne
       Unterstützung. Der Erfolg ist also nicht garantiert, vor allem wenn sich
       die Wetterlage noch verschlimmern sollte.
       
       Besonders in den nur per Luft errreichbaren nördlichen
       Überschwemmungsgebieten spielen sich derzeit zahlreiche humanitäre Dramen
       ab. Dort sind die Einwohner oft schon seit mehr als einer Woche von der
       Außenwelt abgeschlossen, die Fluten haben sie ihrer Behausungen und
       Lebensmittel beraubt, aber Hilfe ist nur durch die wenigen Hubschrauber
       vereinzelt in Sicht. Hinter den dramatischen Rettungsbildern verbergen sich
       deshalb ungleich mehr Dörfer und Siedlungen, in denen die Einwohner in der
       Abschottung verzweifeln. Nichtregierungsorganisationen wie CARE beklagen
       den Mangel an Hilfsgeldern.
       
       Die pakistanische Regierung versucht inzwischen, die langfristigen Folgen
       der Fluten zu benennen, um den Bedarf an Hilfe zu unterstreichen: Schon
       seien 700 000 Häuser zerstört und über fünf Millionen Menschen obdachlos.
       Besonders teuer sei die Zerstörung der Infrastruktur: Viele Brücken und
       Dämme seien unter den Fluten zerbrochen.
       
       UN-Organisationen werden jetzt das Land mit Hilfspaketen übersäen. USA und
       NATO werden ihren Einsatz stärken, aber in Konkurrenz dazu auch die
       islamistischen Hilfsorganisationen, die familiennäher und
       beratungsintensiver arbeiten.
       
       Zardari besichtigt Flut 
       
       Nach heftiger Kritik an seinem Krisenmanagement hat Pakistans Präsident
       Asif Ali Zardari erstmals die von schweren Überflutungen betroffenen
       Gebiete in seiner Heimat besucht. Zardari reiste gesternnach Sukkur in der
       Provinz Sindh, um sich ein Bild von der Lage zu verschaffen, wie ein
       Regierungsvertreter sagte. Der Staatschef war erst am Dienstag von einer
       Europareise zurückgekehrt. Nach Angaben eines Behördenvertreters besuchte
       Zardari in der Stadt ein Auffanglager und sprach mit Flutopfern. Das
       Staatsfernsehen brachte Aufnahmen von Zardari, wie er einer älteren Frau
       über den Kopf streichelte und einen Staudamm besichtigte.
       
       12 Aug 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Georg Blume
       
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