# taz.de -- Kommentar Hilfsgelder: Sichtbare und unsichtbare Opfer
       
       > Die deutsche Entwicklungspolitik funktioniert unter Schwarz-Gelb nach dem
       > Prinzip: private Mildtätigkeit ersetzt staatliche Nachhaltigkeit. Das ist
       > effektheischend.
       
       Niemand soll behaupten, in der Bundesregierung wisse die rechte Hand nicht,
       was die linke tut. Beim Einsatz Deutschlands für Notleidende in aller Welt
       herrscht eine klare Arbeitsteilung. Während Bundesentwicklungsminister Dirk
       Niebel (FDP) im Fernsehen die Deutschen dazu aufruft, für Pakistans
       Flutopfer zu spenden, kürzt das Auswärtige Amt (FDP) den Etat für
       humanitäre Hilfe.
       
       Nein, das ist kein Widerspruch, diese Maßnahmen folgen dem Prinzip: Private
       Mildtätigkeit ersetzt staatliche Nachhaltigkeit. Humanitäre Hilfe für Opfer
       von Kriegen und Katastrophen verwandelt sich von einer staatlichen
       Verpflichtung zum ehrenamtlichen Engagement.
       
       Die Folge davon ist eine Verschiebung humanitärer Hilfe hin zu
       kurzfristigen und effektheischenden Brennpunkten. Der Bundesetat für
       humanitäre Hilfe, kurioserweise angesiedelt im Auswärtigen Amt, fließt in
       verdrängte Dauerkatastrophen: Afghanistan, Palästina, Somalia, Irak, Sudan,
       die Demokratische Republik Kongo. Es geht um Flüchtlinge, Seuchenopfer,
       Hungernde. Privatleute verstehen davon nichts, also macht das der deutsche
       Staat. Pakistans Flut ist demgegenüber ein Medienthema, wie zuletzt Haiti.
       Das Volk ist aufgerüttelt, und da soll es mit seinem eigenen Geld helfen.
       
       So werden jetzt jenen die Zuschüsse am meisten gekürzt, die man am
       wenigsten sieht. Doch sind Flutopfer in Pakistan und Erdbebenopfer in Haiti
       verdientere Empfänger von Hilfsgeldern als Flüchtlinge im Irak oder
       Vergewaltigungsopfer im Kongo? Sind Bewohner von Bürgerkriegsgebieten
       vielleicht mitverantwortlich für ihre Lebensumstände in einer Weise, wie
       man es für Opfer von Naturkatatastrophen ausschließen kann? Solche perfiden
       Überlegungen legen die Haushaltsentscheidungen der Regierung nahe. Sollen
       doch die Deutschen freiwillig für Somalis, Sudanesen und andere Opfer
       spätrömischer Dekadenz spenden. Falls sie nach der Hilfe für Pakistan noch
       etwas übrig haben.
       
       17 Aug 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Flut
       
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