# taz.de -- Kommissionspräsident schweigt zu Roma: Kein böses Wort von Barroso
       
       > Konkretes zu Steuern und Finanzen, aber nicht zur Politik gegenüber den
       > Roma: Der EU-Kommissionspräsident hielt am Dienstag seine erste Rede zur
       > Lage der Union - und erntete Kritik.
       
 (IMG) Bild: "Wir werden der Währungsunion eine Wirtschaftsunion zur Seite stellen": EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso im Europaparlament.
       
       BRÜSSEL taz | Die Fähigkeit, in gefälligen Worten und vier verschiedenen
       Sprachen druckreif zu formulieren, wird dem Präsidenten der EU-Kommission
       niemand absprechen. Dennoch hatte sein Parteifreund und Präsidentenkollege
       Jerzy Buzek, der derzeit dem Europaparlament vorsitzt, die große Sorge, bei
       Manuel Barrosos groß angekündigter Rede zur Lage der Europäischen Union
       könnten die Reihen seines Hohen Hauses leer bleiben. Deshalb sollten die
       Abgeordneten am Vormittag durch regelmäßiges Drücken ihrer elektronischen
       Stimmtafel ihre Anwesenheit dokumentieren.
       
       Die für ihre Freimütigkeit bekannte britische Liberale Sarah Ludford nannte
       die Idee "ein massives Eigentor". Damit habe Buzek den Ruf der Union und
       des Kommissionspräsidenten beschädigt. Das scheint auch dem
       Parlamentspräsidenten irgendwann klar geworden zu sein. Er verzichtete am
       Ende aufs Knöpfedrücken und nahm die Drohung zurück, Barroso-Schwänzer
       müssten eine Strafe zahlen.
       
       Die Reihen im Straßburger Plenarsaal waren dennoch respektabel gefüllt.
       Viel Neues aber erfuhren die Abgeordneten nicht. Für den 29. September
       kündigte Barroso weitere Gesetzesvorschläge zur Haushaltskoordinierung und
       Stärkung des Stabilitätspakts an. "Wir werden der Währungsunion eine
       Wirtschaftsunion zur Seite stellen", versprach er. Leerverkäufe und
       Kreditwetten würden in der EU verboten. "Die Zeiten, wo man darauf wetten
       durfte, dass das Haus eines anderen in Flammen aufgeht, sind vorbei."
       
       Nur ein Mal während der Rede kam zögernder Beifall auf. Barroso sagte: "Die
       Regierungen müssen die Menschenrechte respektieren, auch die von
       Minderheiten. Rassismus und Ausländerfeindlichkeit haben in Europa keinen
       Platz." Doch statt die umstrittene Abschiebepolitik gegenüber Roma
       anzusprechen, wandte sich der Redner dem Budget der Union zu. Er will, dass
       die EU eigene Steuern erheben darf, womit viele Abgeordnete einverstanden
       sind.
       
       Vor allem erwarten sie Antworten auf die Fragen, mit denen sie im Wahlkreis
       konfrontiert werden. Der grüne Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit stellte
       einige davon: "Wenn es darum geht, eine Regierung beim Namen zu nennen,
       gehen Sie auf Tauchstation! Kein Wort von Ihrer Seite dazu, dass im August
       die griechische Regierung mit deutschen und französischen Waffenhändlern
       verhandelt hat. 50 Milliarden Euro hat Athen in den vergangenen zehn Jahren
       für Rüstung ausgegeben. Über die Ausweisung der Roma aus Frankreich haben
       Sie eine Studie in der Schublade liegen. Sagen Sie endlich öffentlich, dass
       die französische Regierung europäisches Recht verletzt!"
       
       Der sozialistische Fraktionschef Martin Schulz sagte: "Wo ist die
       EU-Kommission? Warum nimmt sie die Öffentlichkeit nicht wahr? Weil Sie,
       Herr Barroso, viel zu lange Konzessionen an eine sich bildende
       Direktorialregierung unter deutsch-französischer Führung gemacht haben!"
       
       Für den Nachmittag hatte das EU-Parlament eine Sonderdebatte über die
       Situation der Roma in der EU angesetzt. Auch da vermied es Barroso, die
       Massenabschiebungen aus Frankreich konkret anzusprechen. Justizkommissarin
       Viviane Reding sagte lediglich, man prüfe die Rechtslage noch. Der
       sozialistische Abgeordnete Hannes Swoboda sagte: "Ich bin zutiefst
       enttäuscht, dass Sie sich so windelweich herausschummeln. Italien könnte
       das nächste Land sein, das den Roma die Staatsbürgerschaft entzieht. Der
       Boden wird bereitet, die EU-Kommission schweigt. Für meine Fraktion ist das
       nicht hinnehmbar."
       
       7 Sep 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniela Weingärtner
       
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