# taz.de -- Eklat um Vertriebenen-Präsidentin: Der Fall Erika Steinbach
       
       > Erika Steinbach wird für die Union zur Belastung. Kanzlerin Merkel
       > entschuldigte sich bei Polens Premier Tusk. Die Grünen wollen Steinbachs
       > Stiftung auf Eis legen.
       
 (IMG) Bild: Erika Steinbach, vor dem Beginn einer CDU-Fraktionssitzung.
       
       So hatte sich Kanzlerin Angela Merkel den EU-Gipfel wahrscheinlich nicht
       vorgestellt. In Brüssel versuchte sie dem polnischen Ministerpräsidenten
       Donald Tusk klarzumachen, dass die Chefin des Vertriebenenverbandes (BdV),
       Erika Steinbach, nicht in ihrem Namen spricht.
       
       CDU-Mitglied Steinbach hatte am Mittwoch gesagt, dass der polnische
       Deutschland-Beauftragte Wladyslaw Bartoszewski einen "schlechten Charakter"
       habe. Bartoszewski, 88 Jahre alt, war Häftling in Auschwitz. Merkel
       versuchte in Brüssel das zerschlagene Porzellan wieder zu kitten. Sie
       versicherte Tusk, Bartoszewski "persönlich sehr zu schätzen". Steinbachs
       Bemerkungen hatte zu zahlreichen Distanzierungen auf deutscher Seite
       geführt. Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper (FDP),
       erklärte, dass die deutsch-polnischen Beziehungen noch nie so gut waren wie
       derzeit, und fügte hinzu: "Mit Beleidigungen gegen Einzelpersonen schädigt
       man die Sache." Außenminister Guido Westerwelle (FDP), Steinbachs
       entschiedenster Gegner in der schwarz-gelben Regierung, erklärte, der
       neuerliche Eklat werde in Polen "mit großem Schmerz empfunden".
       Bartoszewski sei "ein sehr ehrenwerter Mann", Attacken gegen ihn seien "in
       keiner Weise vernünftig".
       
       Zuvor hatte Steinbach für Schlagzeilen gesorgt, weil sie revanchistische
       Äußerungen von zwei Funktionären des Bundes der Vertriebenen verteidigt
       hatte und bei einer Sitzung des Fraktionsvorstands der Union Polen indirekt
       Mitschuld am Zweiten Weltkrieg attestiert hatte.
       
       Auch intern scheint Steinbach mit ihren Attacken langsam den Bogen zu
       überspannen. Der CSU-Vertriebenenexperte Stephan Mayer sagte der Passauer
       Neuen Presse, Steinbachs Äußerungen seien "denkbar unglücklich". Die
       Beleidigungen würden ein schlechtes Licht auf die Vertriebenen-Stiftung
       werfen.
       
       Weiter geht Volker Beck, der parlamentarische Geschäftsführer und
       menschenrechtspolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion. Steinbach
       sei, so Beck zur taz, ein Problem der CDU. "Natürlich findet Merkel, dass
       Steinbach neben der Spur läuft. Trotzdem hat sie Narrenfreiheit, weil
       Merkel nicht weiß, was konservativ ist." Typisch für das hilflose
       Doppelspiel der CDU im Fall Steinbach sei, dass die BdV-Chefin "nun
       unbedingt im Fraktionsvorstand bleiben soll, aber die Union fast alles, was
       sie sagt, peinlich findet". Solange Steinbach "eine führende Rolle in der
       Union spielt, wird sie weiter Gift verspritzen". Ein politischer Plan sei
       dahinter kaum zu erkennen.
       
       Grünen-Chefin Claudia Roth will wegen Steinbachs neuerlicher Provokation
       die Bundesstiftung "Flucht, Vertreibung Versöhnung", die Steinbach seit
       Jahren forciert, auf Eis legen. "Die Stiftung trägt nicht zur Versöhnung
       bei, sie schadet ihr", so Roth. Jan Korte vom Fraktionsvorstand der
       Linkspartei meinte, dass "die Union, die so gern auf den Extremismusbegriff
       zurückgreift, offensichtlich selber ein Extremismusproblem" hat.
       Bartoszewski kommentierte Steinbachs Angriff in Warschau recht kühl. Er
       wisse die Meinung von deutschen Frauen sehr zu schätzen - die Ansicht von
       Frau Steinbach sei ihm aber egal.
       
       17 Sep 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
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