# taz.de -- Protest gegen Stuttgart 21: Polizei räumt Zeltstadt
       
       > Erneut demonstrieren Zehntausende gegen den Bahnhofsneubau.
       > Ministerpräsident Mappus glaubt, ihnen gehe es nicht um das Projekt,
       > sondern nur um einen Machtwechsel.
       
 (IMG) Bild: Kaum aufgestanden, schon weggeräumt: Stuttgart 21-Gegner im Schlossgarten.
       
       STUTTGART taz | Im Stuttgarter Schlossgarten hat die Polizei am frühen
       Sonntagmorgen eine Zeltstadt geräumt. Mit dieser hatten Gegner des
       Milliardenprojekts „Stuttgart 21“ den Park nahe dem Hauptbahnhof schützen
       wollen. Etwa 200 Zelte mussten wieder abgebaut werden, die meisten
       Demonstranten taten dies freiwillig.
       
       Aufgebaut hatten sie die Zelte am Samstagnachmittag, als erneut
       Zehntausende im Schlossgarten gegen den Bau des Tiefbahnhofs demonstriert
       haben. Zu der von den Organisatoren ausgerufenen „Volksversammlung“ waren
       nach Veranstalterangaben 55.000 Menschen gekommen. Die Polizei kam erneut
       „nur“ auf rund 33.000. Seit Wochen gehen die Angaben zur Zahl der
       Teilnehmer bei den Demonstrationen stark auseinander, was immer wieder für
       verärgerte Diskussionen auf Seiten der Gegner sorgt. Diese halten die
       Zahlen der Polizei für politisch beeinflusst.
       
       Angesichts einer „so gigantischen Zahl an engagierten Bürgern“ erinnerte
       der Grünen-Europaabgeordnete Michael Cramer an den Protest vor 35 Jahren
       gegen das geplante Atomkraftwerk in Wyhl. Damals sei die Protestbewegung
       das Vorbild für die bundesweite Anti-Atom-Bewegung gewesen. Zudem warnte er
       davor, Stuttgart 21 als isoliertes Projekt zu betrachten. Im Zuge des
       „Höchstgeschwindigkeitswahns“ würde vor allem der Nahverkehr
       stiefmütterlich behandelt. Doch gerade dieser sei „das Rückgrat der Bahn“.
       „Der unterirdische Bahnhof hat nichts, aber auch gar nichts mit der
       Verbesserung des europäischen Verkehrssystems zu tun“, so Cramer.
       
       Für Wut unter den Gegnern sorgte noch einmal die Haushaltsdebatte, die in
       der vergangenen Woche im Bundestag geführt worden war. Merkel hatte dabei
       einer Volksabstimmung eine Absage erteilt und gesagt, dafür reiche die
       Landtagswahl in Baden-Württemberg im März nächsten Jahres aus. Angesichts
       der fortschreitenden Bauarbeiten bezeichnete Cramer derartige Aussagen als
       „zynisch“. Er forderte einen sofortigen Baustopp.
       
       Was die Projektträger von dieser Forderung halten, zeigen sie täglich am
       Nordflügel des Stuttgarter Bahnhofs. Der ist inzwischen so gut wie komplett
       abgerissen worden. Immer wieder kursieren Gerüchte, dass auch die
       Baumfällungen im Schlossgarten beginnen könnten. Zudem muss der Südflügel
       noch der Abrissbirne weichen.
       
       „Das ist ein Akt der Barbarei, das ist purer Vandalismus“, kritisierte
       Klaus Arnoldi vom ökologischen Verkehrsclub Deutschland. „Hier wird nicht
       nur ein Bahnhof zerstört, hier wird ein Kulturdenkmal abgerissen.“ Wer mehr
       Verkehr auf der Schiene will, dürfe Stuttgart 21 nicht bauen. Vielmehr
       solle die Politik endlich zugeben, dass Stuttgart 21 kein
       verkehrspolitisches, sondern ein städtebauliches Projekt sei. Derweil
       behauptete Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) beim Landestag der Jungen
       Union in Ehingen, dass es den Gegnern gar nicht um das Projekt gehe,
       „sondern darum, was sie am 27. März politisch gerne hätten“. Den in den
       Umfragen starken Grünen sprach er die Regierungsfähigkeit ab.
       
       19 Sep 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nadine Michel
       
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