# taz.de -- SPD-Mann im Interessenkonflikt: "Mister Stuttgart 21" tritt zurück
       
       > Der Projektsprecher von Stuttgart 21, Wolfgang Drexler von der SPD, gibt
       > sein Amt auf. Er begründet das mit Interessenkonflikten. Die SPD will
       > einen Volksentscheid.
       
 (IMG) Bild: Wolfgang Drexler, hinter ihm eine Simulation von Stuttgart 21.
       
       Das umstrittene Milliardenprojekt "Stuttgart 21" hat sein Werbegesicht
       verloren: Wolfgang Drexler ist mit sofortiger Wirkung von seinem Amt als
       Kommunikationschef zurückgetreten. Sein Job als Projektsprecher sei
       unvereinbar mit der Forderung seiner SPD-Landtags- und der
       SPD-Bundestagsfraktion nach einem Baustopp. "Ich war immer ein Mensch und
       Politiker, der sich nicht verbogen hat, sondern für seine ehrlichen
       Überzeugungen gekämpft hat", sagte Drexler am Freitag in Stuttgart.
       
       Vor einem Jahr hatte der Landtagsabgeordnete die ehrenamtliche Tätigkeit
       übernommen, nachdem die Projektträger erkannt hatten, dass sie die Idee von
       dem unterirdischen Bahnhofsbau besser vermarkten müssen. Dass ausgerechnet
       ein Sozialdemokrat fortan für das werben sollte, was die schwarz-gelbe
       Regierung beschlossen hatte, war schon damals in der SPD umstritten. Manch
       ein Genosse sagt hinter vorgehaltener Hand, Drexler sei zu eitel, als dass
       er das Angebot hätte ausschlagen können. Er selbst hätte darauf
       hingearbeitet, den Job zu bekommen, und habe sich nicht davon abbringen
       lassen.
       
       Bislang konnte sich Drexler, der fortan gern als "Mister Stuttgart 21"
       tituliert wird, dennoch der Rückendeckung seiner Partei sicher sein. Die
       SPD trat stets für das Projekt ein. Doch nachdem die Proteste gegen
       Stuttgart 21 immer stärker wurden, geriet die SPD ins Wanken; seit knapp
       zwei Wochen fordert sie nun einen Volksentscheid und damit einhergehend
       einen Baustopp. Drexler hingegen sprach stets davon, dass das Projekt
       "unumkehrbar" sei. "Ich lebe von meiner Glaubwürdigkeit", sagt er.
       
       Auch musste er zugeben, dass er die Aufgabe unterschätzt habe. Er sei wohl
       zu gutgläubig gewesen, dass man in so kurzer Zeit jahrelange Versäumnisse
       in der Kommunikation nachholen könnte. "Ein Jahr reicht dafür nicht." Die
       Menschen seien in die Planung nicht einbezogen worden. Wegen der vielen
       Proteste sei er aber nicht zurückgetreten.
       
       Die SPD-Fraktion nahm die Entscheidung "mit Respekt" zur Kenntnis.
       Fraktionschef Claus Schmiedel stellte aber klar, dass die SPD nach wie vor
       an dem Projekt festhalte.
       
       Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Werner Wölfle, hielt
       den Schritt für "längst überfällig". Weil die Bahn mauere und das Projekt
       schlecht sei, werde Drexlers Nachfolger Stuttgart 21 aber auch nicht viel
       besser vermarkten können.
       
       Die CDU bedauere Drexlers Rücktritt, sagte Generalsekretär Thomas Strobl.
       "Drexler wurde zerrieben vom Schlingerkurs der baden-württembergischen SPD:
       Sie hat das Projekt über Jahre unterstützt und will sich jetzt aber - wenn
       es gilt, dafür zu werben - feige aus der Verantwortung stehlen."
       
       Angaben über seine Nachfolge machte Drexler, der das Ehrenamt am 1.
       September 2009 übernommen hatte, nicht. Über einen neuen "Mister Stuttgart
       21" wurde aber bereits am Donnerstagabend spekuliert, als sich die
       Anzeichen für den Rücktritt verdichteten. Als Favorit wurde bisher
       Christoph Walther gehandelt, der bis 2001 Kommunikationschef bei
       DaimlerChrysler war. Drexler widersprach jedoch entsprechenden
       Medienberichten. Der Name, der in vielen Zeitungen genannt worden sei, "ist
       nicht im Gespräch".
       
       Am Samstag steht die nächste Großdemo im Stuttgarter Schlossgarten an. Die
       Gegner werden dabei den Rücktritt als ihren Erfolg feiern. "Das Projekt
       befindet sich seit Beginn der gewaltigen Bürgerprotestwelle vor ein paar
       Monaten nur noch im Sinkflug der öffentlichen Akzeptanz", sagte Gerhard
       Pfeifer vom Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 am Freitag. "Mit dem
       Rücktritt des Projektsprechers jedoch ist der Übergang vom Sinkflug in den
       Sturzflug erreicht."
       
       17 Sep 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nadine Michel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA