# taz.de -- Verwirrung um Atommülllager: Privatisierung endgelagert
       
       > Das Umweltministerium plant eine Privatisierung von Atommüll-Entsorgung,
       > doch der Regierungssprecher rudert zurück.
       
 (IMG) Bild: Auf der Suche nach einem endgültigen Zuhause: Atommüll.
       
       Die Bundesregierung ist offenbar uneinig über die künftige Verantwortung
       für die Entsorgung des Atommülls. Im Entwurf für die Änderung des
       Atomgesetzes will das Bundesumweltministerium die Möglichkeit schaffen, die
       Zuständigkeit dafür eigenmächtig auf private Firmen zu übertragen. Die
       "erforderlichen hoheitlichen Befugnisse" könnten "ganz oder teilweise auf
       Dritte übertragen" werden, heißt es im Entwurf vom 17. September. Das
       bisher zuständige Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) würde dadurch
       entmachtet.
       
       In der Hand von Lobbyisten 
       
       Noch am Mittag bestätigte das von Norbert Röttgen (CDU) geführte
       Ministerium die geplante Gesetzesänderung, über die die Süddeutsche Zeitung
       am Mittwoch berichtet hatte. Es folgte ein Sturm der Entrüstung aus der
       Opposition. "Die Regierung zieht sich aus der Verantwortung zurück und gibt
       die Endlagerung in die Hand von Atomlobbyisten", kritisierte die
       Grünen-Abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl. Weil mit der Privatisierung auch die
       parlamentarische Kontrolle entfiele, erklärte SPD-Fraktionsvize Ulrich
       Kelber: "Röttgen will nicht nur das BfS entmachten, sondern auch den
       Deutschen Bundestag." Und Linken-Chefin Gesine Lötzsch forderte:
       "Sicherheitsfragen müssen immer Vorrang vor dem Profitstreben von privaten
       Betreibern haben."
       
       Am Nachmittag folgte dann die Kehrtwende: Die Erklärung vom Mittag werde
       zurückgezogen, hieß es aus der Pressestelle des Umweltministeriums. In der
       Bundespressekonferenz hatte Regierungssprecher Steffen Seibert die
       Notbremse gezogen. "Es bleibt alles beim Alten", verkündete er am frühen
       Nachmittag überraschend. Die Pläne, durch eine Gesetzesänderung die
       Privatisierung am BfS vorbei zu ermöglichen, seien "im Laufe des
       Vormittags" aufgegeben worden. Das zuständige Umweltministerium wurde davon
       offenbar völlig überrascht. Gründe für den Rückzug waren nicht zu erfahren.
       
       Behörde gilt als unbequem 
       
       Von Überlegungen im Umweltministerium, dem Bundesamt für Strahlenschutz die
       Zuständigkeit für die Atommüll-Endlagerung zu entziehen, hatte die taz
       erstmals im April berichtet. Hintergrund der Pläne ist die kritische
       Haltung von BfS-Chef Wolfram König zum Endlager in Gorleben: Er hatte
       wiederholt das Auswahlverfahren kritisiert. Und ohne einen Vergleich mit
       alternativen Standorten hält König, der vom grünen Umweltminister Jürgen
       Trittin eingesetzt wurde, ein mögliches Endlager in Gorleben politisch und
       juristisch für angreifbar.
       
       Das Deutsche Atomforum, der Lobbyverband der Branche, drängt darum schon
       lange darauf, das kritische Amt zu entmachten. König selbst hatte die Pläne
       im April in der taz kritisiert: "Die Akzeptanz sinkt, wenn die Erzeuger von
       Atommüll selbst die Verantwortung für die Entsorgung übernehmen", sagte er
       damals. Die jüngsten Gesetzespläne waren im BfS nach Angaben von Sprecher
       Florian Emrich noch gar nicht bekannt. Dass sie zurückgezogen wurden,
       wollte er nicht kommentieren.
       
       22 Sep 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malte Kreutzfeldt
       
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