# taz.de -- Ute Vogt über Gorleben: "Missachtung des Parlaments"
       
       > Der Salzstock Gorleben darf nicht weiter erkundet werden, solange der
       > Untersuchungsausschuss arbeitet, sagt die zuständige SPD-Ombudsfrau Ute
       > Vogt.
       
 (IMG) Bild: Die schwarz-gelbe Koalition will unbedingt ihren Atommüll in Gorleben versenken.
       
       taz: Der Gorleben-Untersuchungsausschuss soll klären, ob die Vorfestlegung
       auf den Standort rechtens war. Ab Freitag wird aber nach zehn Jahren weiter
       erkundet. Macht der Ausschuss überhaupt noch Sinn? 
       
       Ute Vogt: Es macht immer Sinn, der Wahrheit auf den Grund zu gehen. Wenn
       sich schließlich herausstellen sollte, dass die Standortentscheidung der
       Kohl-Regierung politisch und eben nicht wissenschaftlich motiviert war,
       dann ist Gorleben als Endlagerstandort politisch auch nicht mehr
       durchsetzbar.
       
       Selbst wenn die Standortwahl nicht rechtsstaatlich war, hat die bisherige
       Erkundung eine Eignung des Salzstockes als Endlager ergeben, findet die CDU
       … 
       
       Ich halte es für eine eklatante Missachtung des Parlamentes, dass ab dem
       heutigen Tag die Erkundung fortgesetzt wird. Solange der
       Untersuchungsausschuss der Frage nachgeht, ob die Gorleben-Entscheidung
       rechtmäßig zustande kam, so lange sollte nicht weiter erkundet werden. Im
       Übrigen ist das auch eine Frage, wie mit Steuermitteln umgegangen wird:
       Immerhin könnte das Ergebnis des Ausschusses dazu führen, dass in den
       vergangenen 30 Jahren fast 2 Milliarden Euro umsonst ausgegeben wurden.
       Dass die bisherigen Erkundungen eine Eignung ergeben, ist eine
       Interpretation der Union. Man kann es auch genau andersrum formulieren: Die
       bisherigen Untersuchungen haben nicht ergeben, dass Gorleben als
       Endlagerstandort geeignet ist.
       
       Sie sind mit dem Ausschuss ins Bergwerk eingefahren. Welche Probleme haben
       Sie dort vorgefunden? 
       
       An einer Stelle der Schachtsysteme ist eine ölige Substanz sichtbar, die
       dort aus dem Salz austritt. Rings um den Salzstock gibt es ein
       Erdgasvorkommen, das damit in Zusammenhang stehen könnte und in diesem Fall
       den Salzstock untauglich macht. Zweitens gibt es Abweichungen zwischen den
       genehmigten Arbeitsplänen und den Arbeiten im Bergwerk, die unter
       Umweltministerin Angela Merkel tatsächlich vorgenommen wurden. Wir als
       Ausschuss müssen klären, warum das so ist und was die Gründe für die
       Abweichung sind.
       
       Am Donnerstag stand im Ausschuss die Zeugenbefragung Anselm Tiggemann auf
       der Tagesordnung. Worum ging es? 
       
       Der Historiker Tiggemann hat im Auftrag des niedersächsischen
       Umweltministeriums im Mai dieses Jahres ein Gutachten geschrieben, nach dem
       Gorleben 1976 angeblich nicht willkürlich ausgewählt worden sei. Heute ist
       Tiggemann bei der Union angestellt. Natürlich ergeben sich deshalb Fragen
       über die Unabhängigkeit seiner angeblich historischen Arbeit.
       
       Sie waren bislang Innenpolitikerin. Wieso interessieren Sie sich plötzlich
       so für Gorleben? 
       
       Ich habe eine gewisse Erfahrung mit Untersuchungsausschüssen: Ich arbeitete
       ja schon im Plutonium-Untersuchungsausschuss die Frage auf, unter welchen
       Umständen Kanzleramtsminister Schmidbauer seinerzeit Plutonium von Moskau
       nach München transportieren ließ.
       
       1 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nick Reimer
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Hüttendorf in Hannover: "Ja, ja. Die Jugend"
       
       Die "Freie Republik Wendland" steht derzeit in Hannover - ganz nach dem
       historischen Vorbild. Aber anders als früher siedeln dort keine
       Berufsrevolutionäre mehr.
       
 (DIR) Verwirrung um Atommülllager: Privatisierung endgelagert
       
       Das Umweltministerium plant eine Privatisierung von Atommüll-Entsorgung,
       doch der Regierungssprecher rudert zurück.
       
 (DIR) Castor-Transport nach Gorleben: Die Stimmung eskaliert
       
       Niedersachsens Innenminister Schünemann provoziert und fordert für die
       geplanten Proteste mehr Polizei. Die AKW-Gegner sind empört, denn ihre
       Strategie ist friedlich.
       
 (DIR) Wendländer zur Endlager-Frage: "Größte Sauerei, die ich erlebt habe!"
       
       Die Mitglieder des Gorleben-Untersuchungsausschusses im Bundestag stellen
       sich den Fragen der Wendländer. Die sind ziemlich sauer über die
       angekündigten Enteignungen.
       
 (DIR) Untersuchungsausschuss besucht Gorleben: "Die derzeit größte politische Lüge"
       
       Weiterhin gibt es Streit um den Ort, an dem der deutsche Atommüll gelagert
       werden soll. Heute besuchte der Gorleben-Ausschuss des Bundestags den
       Standort – die Fronten sind verhärtet.