# taz.de -- Rechtsliberale regieren die Niederlande: Die Türöffner
       
       > Die VVD gewann die Wahlen mit einem radikalen Sparprogramm. Der Markt
       > soll alles regeln. Doch hat sie keine Berührungsängste gegenüber Wilders'
       > Kulturkampfrhetorik.
       
 (IMG) Bild: Hat schon mit fast allen Parteien in einer Koalition gesessen: VVD-Chef Mark Rutte.
       
       AMSTERDAM taz | Rückblende: Im September 2004 kehrt Geert Wilders der
       rechtsliberalen Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (VVD) den Rücken.
       Vorausgegangen sind Meinungsverschiedenheiten über den Kurs der Partei
       sowie den EU-Beitritt der Türkei. 2006 gründet der Dissident seine eigene
       Partei PVV - und gilt der VVD fortan als Konkurrent von rechts. Was im
       Streit auseinanderging, kommt sechs Jahre später wieder zusammen: Mit einem
       radikalen Sparprogramm gewinnt die marktliberale VVD erstmals die
       Parlamentswahlen. Die Unterstützung des von ihr geführten
       Minderheitskabinetts holt sie sich nun ausgerechnet von Wilders PVV.
       
       Ein Zufall ist dies nicht. Als einzige Partei hatte die VVD vor der Wahl
       eine Koalition mit den Populisten nicht ausgeschlossen. VVD-Chef Mark Rutte
       machte während der Verhandlungen keinen Hehl daraus, dass er die PVV gerne
       als vollwertiges Mitglied eines "rechten Kabinetts" sähe. Zudem ist seine
       VVD die Wiege der populistischen Gegenströmung zum niederländischen
       Multikulturalismus. Mit Frits Bolkestein, damals Mentor des jungen
       Parlamentariers Wilders, vertrat in den 1990er Jahren erstmals ein Mitglied
       einer etablierten Partei xenophobe Positionen.
       
       Wenig überraschend ist, dass alle, Bolkestein ausgenommen, als Dissidenten
       endeten. Der Bruch war jeweils Ausdruck eines Flügelkampfs in der VVD, die
       nach ihrer Gründung 1948 als Unternehmerpartei galt. Das ist sie bis heute
       geblieben. Zur Wahl im Juni trat sie mit einer scharfen Kürzungsagenda an.
       Auch strikte Law-and-Order-Positionen kennt man von den "Rechtsliberalen".
       Die Wilderssche Kulturkampfrhetorik ist dort allerdings kaum vorstellbar.
       Wie andere gesellschaftliche Bereiche soll bei den Liberalen der Markt die
       Zuwanderung regeln.
       
       Die VVD diente in der Vergangenheit Christ- wie Sozialdemokraten als
       Koalitionspartner. In der - kurzlebigen - Koalition mit der Lijst Pim
       Fortuyn "sanierte" sie zusammen mit Christdemokraten und der linksliberalen
       D66 den Sozialstaat. Gab es eine Konstante bei den großen
       gesellschaftspolitischen Projekten der letzten Jahre, war es die VVD. Die
       Regierung von Wilders Gnaden macht hier keine Ausnahme. Und der Flügelkampf
       ist damit vorläufig auch entschieden.
       
       29 Sep 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Müller
       
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