# taz.de -- Neuer Sprecher von Stefan Mappus: Der große Einflüsterer
       
       > Jahrelang gab Dirk Metz den Ton an, mit dem Roland Koch (CDU) in Hessen
       > regierte. Nun soll er Baden-Württembergs Ministerpräsident für die
       > Landtagswahlen mehrheitsfähig machen.
       
 (IMG) Bild: Dirk Metz (links) und sein alter Arbeitgeber Roland Koch (rechts): "Wenn er morgens aufwacht, weiß er, was Koch geträumt hat."
       
       Er prägte Sätze wie "brutalstmögliche Aufklärung", organisierte 1999 die
       Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, forderte als
       raunende Stimme seines Herrn Roland Koch in Hessen die Verschärfung des
       Jugendstrafrechts und war die Ursache für Schlagzeilen wie "Jetzt will Koch
       auch noch Kinder in den Knast stecken". Dirk Metz, 53 Jahre alt, gelernter
       Journalist und studierter Politikwissenschaftler, hat knapp zwölf Jahre der
       hessischen Landesregierung als Sprecher gedient.
       
       Als Koch ging und Metz frei wurde, ergriff der angeschlagene Landeschef von
       Baden-Württemberg, Stefan Mappus (CDU), die Gelegenheit und holte sich den
       Hessen nach Stuttgart. Seit der zweiten Septemberwoche fungiert Metz dort
       als Berater des Ministerpräsidenten. In der Nacht zum 1. Oktober konnten
       die Demonstranten gegen Stuttgart 21 spüren, wie es sich anfühlt, wenn der
       hessische Kommunikationsstil auf schwäbisches Präzisionsgerät trifft.
       
       Weiße Zettelchen 
       
       Nun ist das, was sich in den vergangenen Wochen in der Landeshauptstadt
       abspielte, eher ein kommunikativer Super-GAU. Dafür verantwortlich zeichnet
       Stefan Mappus mit seinem Team. Wie groß der Einfluss seines neuen
       Mitarbeiters Dirk Metz auf den Politikstil des Landes bereits ist, kann nur
       spekuliert werden. Die Rechnung von Stefan Mappus ist jedenfalls so
       schlicht wie durchsichtig. Der wohl profilierteste Regierungssprecher
       Deutschlands soll als Wahlkampfberater Mappus bis zum Tag der
       Landtagswahlen am 27. März 2011 mehrheitsfähig machen.
       
       Wie kein anderer Regierungssprecher hatte Metz von 1999 an die Politik
       eines ganzen Bundeslandes maßgeblich mitgeprägt. Roland Koch und Metz waren
       einer ohne den anderen nicht vorstellbar. "Wenn Metz morgens aufwacht, weiß
       er, was Koch geträumt hat", dieser Satz ist bis heute ein Klassiker. Ob es
       die helle, fast haarlose Hand war, die bei großen Talkshows dem
       Ministerpräsidenten weiße Zettelchen mit Stichworten rüberschob, oder die
       Autorisierung von Interviews: Metz wusste, was Koch denken sollte. Darüber
       lässt Koch übrigens selbst gar keine Zweifel aufkommen. Ohne jemanden wie
       Metz an der Seite sei der Erfolg in einer "modernen Mediendemokratie nicht
       mehr möglich", so Koch bei seinem Abschied. Ein Satz, der einen Stefan
       Mappus, der bei 35 Prozent Zustimmung rumdümpelt, ziemlich elektrisiert
       haben dürfte.
       
       Ohne die großen Talente von Dirk Metz hätte ein Roland Koch wohl kaum die
       CDU-Spendenaffäre mit den vermeintlich "jüdischen Vermächtnissen"
       überstanden. Es gilt als gesichert, dass Metz das Wort von der
       "brutalstmöglichen Aufklärung" geprägt hat. Auch dürfte der
       Regierungssprecher maßgeblich an dem Plan beteiligt gewesen sein, den
       damaligen Leiter der Staatskanzlei, Franz Josef Jung, zu opfern, damit der
       Chef im Amt bleiben kann. Später gab es für diese Treue einen
       Ministerposten auf Bundesebene. Eine Belohnung, die weder dem Beschenkten
       noch dem Rest der Truppe wirklich guttat.
       
       1999 aber scheinen die Instinkte noch perfekt zu funktionieren. Mit seiner
       Unterschriftenaktion gegen die Reform des deutschen
       Staatsbürgerschaftsrechts trifft die Metz-Strategie ins Schwarze. Ohne
       Rücksicht auf das Verletzen demokratischer Grundwerte buhlen sie um
       Stimmen. Erfolgreich, wenn man auf die Wahlergebnisse schaut.
       
       Aber was damals noch für Mehrheiten sorgte, funktioniert acht Jahre später
       nicht mehr. Vielleicht haben Metz und Koch im beschaulichen Kurort
       Wiesbaden die Entwicklung in ihrer eigenen Partei nicht so richtig
       mitbekommen. In jedem Fall gab es für die Forderung, straffällig gewordene
       Jugendliche leichter in den Knast zu stecken oder gar abschieben zu können,
       auch aus den eigenen Reihen deutliche Kritik. Bis dahin schien es, als
       kriege Metz alles hin. Als gingen seine strategischen Einschätzungen immer
       auf. Doch dieser Grundinstinkt hat seit jenem Winter einen offensichtlichen
       Knacks. Das Ende der Ära Koch nimmt seinen Anfang.
       
       Mit Sprüchen "Ypsilanti, Al-Wazir und Kommunisten stoppen" ist im Hessen
       des Jahres 2008 kein Staat mehr zu machen. Mit einem miserablen
       Wahlergebnis werden Koch und sein Team für diese Kampagne abgestraft. Und
       nur durch das noch dürftigere Taktieren von SPD und Linkspartei darf die
       CDU ihre gepackten Kisten noch einmal auspacken und Metz seine blau-weißen
       Fußball-Devotionalien im herrschaftlichen Büro wieder an die Wand nageln.
       
       Der Populist 
       
       Es waren die Jahre des Erfolges, die Dirk Metz Selbstbild geprägt haben.
       Entsprechend siegessicher zog Metz dann auch im September in den Süden. Bei
       seiner Abschiedsfeier in Hessen verkündete er, dass er Mappus bald zum
       "profiliertesten Ministerpräsidenten Deutschlands" machen werde. Mappus
       soll ihn unmittelbar kontaktiert haben, als klar war, dass Koch nun
       wirklich die Politik verlässt und damit sein Sprecher frei wird. Beim
       unionsweiten Suchen nach klarer Kante und deutlichem Konservatismus schien
       es naheliegend, dass der Stuttgarter sich Hilfe von dem holen will, der mit
       seinem Gespür für populistische Themensetzung knallharte Lagerkämpfe
       gewinnen hilft. Und als geübter Hallensprecher der Deutschen
       Handball-Nationalmannschaft seit 1992 seine Worte schnell zu setzen weiß.
       
       Es ist ein durchsichtiges Kalkül von Seiten des durch demoskopische Tiefs
       schwer angezählten Stefan Mappus. Sein neuer Kommunikationsberater ist ein
       politisches Raubein, der es als Schalke-04-Fan gewohnt ist zu leiden und in
       offensichtlicher Solidarität nur blaue Krawatten trägt. Zwar behält der
       dreifache Familienvater seinen Hauptwohnsitz im hessischen Wallau vor den
       Toren Wiesbadens, aber mit zwei Blackberrys ausgestattet reichen ihm wohl
       drei Tage die Woche in Stuttgart, um schnell deutliche Spuren zu
       hinterlassen. Nach nur zwei Wochen, so wird berichtet, ist das gängige
       "Grüß Gott" durch die Metzsche Grußformel "Glückauf" ersetzt.
       
       Wie verwoben Stefan Mappus und Dirk Metz schon sind, das wollen auch jene
       nicht sagen, die ganz dicht dran sind. Vielleicht ist es ja auch wirklich
       nur ein Zufall, dass mit Metz die Wasserwerfer nach Stuttgart kamen.
       Spannend zu erfahren wäre es aber schon, ob Metz inzwischen weiß, was sein
       neuer Ministerpräsident geträumt hat. Oder Mappus aufwacht und sich fragt,
       was sein Wahlkampfberater heute zu tun gedenkt, um weiter daran zu
       arbeiten, ihn, Mappus, zum profiliertesten Ministerpräsidenten Deutschlands
       zu machen.
       
       14 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ines Pohl
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Stuttgart 21
 (DIR) Schwerpunkt Stuttgart 21
 (DIR) Schwerpunkt Stuttgart 21
 (DIR) Schwerpunkt Stuttgart 21
 (DIR) Schwerpunkt Stuttgart 21
 (DIR) Schwerpunkt Stuttgart 21
 (DIR) Schwerpunkt Stuttgart 21
 (DIR) Schwerpunkt Stuttgart 21
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Gespräche zu "Stuttgart 21": Schluss mit Basta
       
       Heiner Geißler versucht im Streit um "Stuttgart 21" zu schlichten und
       kritisiert die Entscheidungsprozesse. FDP-Chef Westerwelle warnt indessen
       vor einer "Nichts-geht-mehr-Republik".
       
 (DIR) Schlichtungsgespräche zu "Stuttgart 21": Versuch eines Dialogs
       
       Erstmals sitzen Gegner und Befürworter des Projekts "Stuttgart 21" an einem
       Tisch. Hinter verschlossenen Türen verhandeln sie mit Heiner Geißler über
       Bedingungen eines Dialogs.
       
 (DIR) Streit um "Stuttgart 21": Ab heute soll geschlichtet werden
       
       Heiner Geißler hat geschafft, dass im Konflikt um "Stuttgart 21" beide
       Seiten miteinander reden wollen. Doch die Gegner bestehen weiter auf einen
       Baustopp im Schlossgarten. Die Bahn weigert sich.
       
 (DIR) Schlichtungsbemühungen in Stuttgart: Die Verhärtung bricht ein bisschen auf
       
       Die Bahnhofsgegner zeigen sich in Sachen Baustopp zum Kompromiss bereit,
       wenn sich die Deutsche Bahn ebenfalls bewegt. Eine Schlichtung soll nach
       ihrem Willen öffentlich stattfinden.
       
 (DIR) Polizeieinsatz gegen "Stuttgart 21"-Gegner: Grüne wollen Untersuchungsausschuss
       
       Die Grünen im Landtag fordern, dass ein Untersuchungsausschuss klärt, wer
       die brutalen Szenen im Schlossgarten zu verantworten hat. Gegner sehen
       Chancen für Schlichtungsgespräche schwinden.
       
 (DIR) Kein Baustopp bei "Stuttgart 21": Bahnchef bleibt kompromisslos
       
       Rüdiger Grube schließt einen Stopp für das Bauvorhaben aus und setzt damit
       die Schlichtungsgespräche aufs Spiel. Grüner Werner Wölfle: "Ich habe
       wirklich die Nase voll".
       
 (DIR) Bahn-Projekt "Stuttgart 21": Filzvorwurf gegen Umweltministerin
       
       Umweltministerin Gönner steht unter Druck, weil sie Mitglied in einer
       Stiftung des Projektentwicklers ECE ist. Denn der plant ein Einkaufszentrum
       auf einem Bahngelände in Stuttgart.
       
 (DIR) Samstagsdemo gegen Stuttgart 21: Kopf an Köpfchen
       
       Auf der bislang größten Demonstration gegen Stuttgart 21 am Samstag fordern
       Zehntausende den Rücktritt von Baden-Württembergs Ministerpräsident Mappus
       (CDU).
       
 (DIR) Bye Bye, Roland Koch: Ein Feindbild verabschiedet sich
       
       Hessens Ministerpräsident Roland Koch verlässt die Politik - mit
       militärischen Ehren, Kartoffelsalat und Würstchen. Eine Demonstration
       schlechten Geschmacks.