# taz.de -- Castor-Transport nach Gorleben: Aufrüsten am Zwischenlager
       
       > Die Polizei warnt vor heftigen Krawallen bei den Protesten gegen den
       > Castor-Transport. Die Atomkraftgegner kontern. Die Beamten würden nur
       > Panik machen und hätten keine Ahnung.
       
 (IMG) Bild: Wollen friedlich demonstrieren: Anti-Akw-Gegner im Wendland.
       
       MÜNCHEN/LÜNEBURG dapd | Wenige Wochen vor dem Eintreffen des
       Castor-Transports mit Atommüll in Deutschland hat die Polizei vor heftigen
       Krawallen durch militante Atomkraftgegner gewarnt. Die Beamten rechnen mit
       Massenblockaden auf Straßen und Schienen sowie gezielten Sabotageakten, wie
       der Focus am Wochenende unter Berufung auf eine vertrauliche Einschätzung
       des Bundeskriminalamts (BKA) berichtete. Im Vergleich zu den Vorjahren sei
       von einem "erheblich höheren Protestniveau und zunehmender
       Gewaltbereitschaft" auszugehen.
       
       Sorgen bereitet den Sicherheitsbehörden laut Focus die offenbar immer
       größere "Einflussnahme linksextremistischer Gruppen auf die bürgerliche
       Protestbewegung". So sei nicht auszuschließen, dass sich autonome Gruppen
       an den Castor-Blockaden beteiligen. Das BKA zählte seit Jahresbeginn im
       Bereich Atomkraft bundesweit mehr als 80 politisch motivierte Straftaten
       von links. Die Delikte reichen von Beleidigung über Widerstand gegen
       Vollstreckungsbeamte und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz bis hin zu
       Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung und Brandstiftung.
       
       Jochen Stay von der Anti-Atom-Organisation "ausgestrahlt" widersprach den
       Befürchtungen: "Das BKA hat entweder keine Ahnung von den Verhältnissen vor
       Ort oder schürt bewusst Ängste. Derzeit gibt es keine ernstzunehmenden
       Anzeichen dafür, dass es rund um den Castor-Transport zu Gewalt von Seiten
       der Anti-AKW-Bewegung kommt." Geplant seien etwa Großdemonstrationen,
       Mahnwachen und Aktionen zivilen Ungehorsams sowie Sitzblockaden. "Selbst
       die angekündigte Entnahme von Schottersteinen aus einer Bahnlinie, die für
       den regulären Zugverkehr gesperrt ist, ist zwar nicht legal, aber hat
       nichts mit Krawall oder Gewalt zu tun", sagte Stay weiter.
       
       Sein Fazit: Niemand müsse sich dafür fürchten, im November ins Wendland zu
       kommen. Es werde ein "bunter, vielfältiger und gewaltfreier Protest".
       
       Indes hat die Staatsanwaltschaft Lüneburg rund 500 Ermittlungsverfahren
       gegen Atomkraftgegner eingeleitet, die sich zur Sabotage der
       Castor-Bahnstrecke zum Zwischenlager Gorleben bekannt haben. In der
       Internet-Erklärung "Castor? Schottern!" wird angekündigt, "mit Tausenden
       unterschiedlichen Menschen durch massenhaftes Schottern, also das Wegräumen
       von Schottersteinen aus dem Gleisbett, den Castor (zu) blockieren". Ziel
       der Aktion sei es, "die Schiene unbrauchbar zu machen und nicht die Polizei
       anzugreifen". Der Aufruf zur Störung des öffentlichen Bahnverkehrs kann mit
       bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden.
       
       Niedersachsens CDU-Generalsekretär Ulf Thiele bezeichnete das Vorgehen der
       Staatsanwaltschaft als "konsequent und richtig". Gewaltbereiten
       Krawallmachern, die unter dem Deckmantel des politisch legitimen Protestes
       gegen Castor-Transporte mit dem Leben von Menschen spielten, müsse der
       Rechtsstaat entschlossen entgegentreten.
       
       "Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft ist ganz offensichtlich ein politisch
       motivierter Einschüchterungsversuch, der ins Leere laufen wird", sagte
       Kampagnensprecher Tadzio Müller. So trainierte die Kampagne "Castor?
       Schottern!", hinter der Anti-Atom-, Umwelt- und linke Gruppen stehen, am
       Samstag im Wendland mit etwa 50 Teilnehmern ihre geplante Aktion.
       
       Müller zufolge soll mit dem Training eine "sichere und einschätzbare
       Situation" geschaffen werden. Die Befürchtungen der Polizei versuchte der
       Kampagnensprecher zu entkräften. "Die Polizei ist nicht unser Feind. Unser
       Ziel ist es, zu den Schienen durchzukommen und den Castor-Transport zu
       verhindern", sagte er am Sonntag. Weitere Aktionstrainings seien etwa in
       Berlin geplant.
       
       Der nächste Transport von elf Behältern mit hochradioaktivem Müll in das
       Zwischenlager Gorleben wird voraussichtlich am 5. November an der
       französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague starten.
       
       Stay zufolge standen beim letzten Castor-Transport vor zwei Jahren 18.000
       Polizeibeamte 16.000 Demonstranten gegenüber. Dabei habe es zwölf verletzte
       Polizisten gegeben: "Da passiert bei jedem Bundesligaspieltag und jedem
       größeren Volksfest mehr."
       
       17 Oct 2010
       
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