# taz.de -- Werbeexperte über Naturschutz: "Artensterben ist zu weit weg"
       
       > Werbeexperte Paul-Werner Hildebrand fordert mehr Kampagnen für den Erhalt
       > von Tier- und Pflanzenarten. Sonst komme das Thema in den Köpfen nicht
       > an.
       
 (IMG) Bild: Werbung soll "sexy" sein, auch für Tierschutz und Biodiversität: Wie diese Peta-Kampagne mit Body-painting während der Fashion Week in New York.
       
       taz: Herr Hildebrand, Sie sind Werbetexter. Sagen Sie uns doch mal einen
       Slogan: Biodiversität ist wichtig, weil … 
       
       Paul-Werner Hildebrand: … es Leben und Zukunft sichert.
       
       Hört sich nicht nach einem Werbekracher an. Wir erleben das größte
       Massensterben seit dem Verschwinden der Dinosaurier, warum ist das so
       schwer unter die Leute zu bringen? 
       
       Es geht ja nicht um Waschmittelwerbung. Und es arbeiten hierzulande auch
       schon eine Menge Umweltgruppen in den Städten und Dörfern. Aber die
       Regierung hat bisher zu wenig Geld in sinnvolle, bürgernahe Kampagnen
       gesteckt, damit alle verstehen: Es geht nicht nur um ein paar Kröten, um
       eine Sache für schräge Naturliebhaber. Es geht um das Überleben des
       Menschen.
       
       Exumweltminister Sigmar Gabriel von der SPD hat in seiner Amtszeit extra
       PR-Leute angeheuert, die sich Slogans und Anzeigen ausgedacht haben. 
       
       Sicher, aber Sie schaffen das Bewusstsein nicht von heute auf morgen. Sie
       kommen da auch nicht weiter mit apokalyptischen Warnungen. Denken Sie nur
       an die Debatte über das Waldsterben in den achtziger Jahren. Da sagen heute
       viele: So schlimm kann das alles nicht sein, die Bäume stehen immer noch.
       Das liegt zwar an den Rettungsmaßnahmen, aber das hat keiner mehr im Kopf.
       
       Darum wurde der indische Ökonom Pavan Sukhdev beauftragt, den
       wirtschaftlichen Wert der Natur zu errechnen - das sollte den Naturschutz
       revolutionieren. Warum schaffen es seine Billionen Dollar schweren
       Kalkulationen nun doch nicht auf die Titelseiten? 
       
       Der Artenschwund ist nicht in den Köpfen, das Problem zu weit weg. Es
       funktionieren zwar Spendenaufrufe für exotische Arten wie die Pandas. Der
       Panda, da hat man ein Bild vor Augen. Den finden wir im Zoo kuschelig. Der
       guckt auch süß. Aber wie erklären Sie komplexe Ökosysteme, das können Sie
       nicht in drei Worte fassen. Das ist, um es in der Boulevardsprache
       auszudrücken, nicht sexy.
       
       Warum war das anders, als Nicolas Stern vor drei Jahren ähnliche
       ökonomische Verluste durch den Klimawandel ausmachte? 
       
       Die Erderwärmung spüren Sie - zum Beispiel durch Hochwasser, Stürme und
       extrem heiße Sommer. Und es gab Prominente wie den ehemaligen
       US-Vizepräsidenten Al Gore, die auf allen Sendern für den Klimaschutz
       geworben haben.
       
       Also brauchen wir einen Al Gore der Biodiversität - wer könnte das sein? 
       
       Hannes Jännicke etwa. Der ist ein bekannter Schauspieler, zeigt in
       Dokumentarfilmen, wie Fischer den Haien die Flossen bei lebendigem Leib
       abschneiden, weil sie in Asien eine Delikatesse sind. Das könnte auch
       Politiker wachrütteln, die bisher das Engagement der Umweltverbände zu
       wenig ernst nehmen.
       
       20 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hanna Gersmann
       
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