# taz.de -- Kommentar zu Stuttgart 21: Ab in die Grube
       
       > Die Schlichtungsgespräche zu Stuttgart 21 und ihre Übertragung im TV und
       > Internet suggerieren einen neuen demokratischen Umgang. Entschieden wird
       > aber bei der Landtagswahl.
       
 (IMG) Bild: Wirtschaftsminister Pfister (FDP) und Umweltministerin Gönner (CDU) vor dem zweiten Schlichtungsgespräch.
       
       Einmalig in der deutschen Umweltgeschichte. Die Schlichtungsgespräche zu
       Stuttgart 21 werden im TV und Internet live übertragen. So etwas gab es
       zuletzt nach Mauerfall und Epochenwende 1990, als die Runden Tische in
       unsere Wohnzimmer flimmerten. Jetzt also Heiner Geißler und die Stuttgarter
       Unterkellerung live und tagelang, Wort für Wort.
       
       Plötzlich ist alles möglich. Zuerst Wasserwerfer, Pfefferspray und Prügel,
       jetzt - 15 Jahre zu spät, aber immerhin - Fernsehen und "volle Transparenz"
       (Bahn-Sprecher Kefer) beim gepflegten Meinungsaustausch.
       Kommunikationswissenschaftler entdecken neue Elemente der
       Bürgergesellschaft, nur die schwäbische Hausfrau meckert: "I han koi Zeit
       dr ganz Dag zom Gucka!"
       
       Natürlich ist die plötzliche Dialog- und Demokratieorgie vor allem ein
       Reflex auf das politische Erdbeben, das wir im Südwesten der Republik
       erleben. Verheerende Umfragewerte, ein Ministerpräsident, der als
       "Speckrambo" verhöhnt wird und zum neuen "bad man" aufsteigt - das zwingt
       die Bahnhofsgemeinde ihre katastrophale Kommunikationsstrategie zu
       korrigieren. Die fast schon panische Angst der seit 57 Jahren ohn Unterlass
       regierenden CDU vor der Landtagswahl am 27. März ist mit Händen zu greifen.
       
       Doch die Kehrtwende kommt zu spät. Mit jeder Sendeminute wächst die
       Legitimation für die Proteste. Wer sich gestern die
       Begleitberichterstattung von Phoenix angesehen hat, der wurde sofort zum
       S21-Gegner, sofern er es nicht schon war. Spätzle-Connection, Kostenlawine
       und verkehrspolitischer Unsinn, Geschwindigkeitsfetischismus und
       Stadtzerstörung wurden kühl-sachlich dargestellt. Je genauer man hinsieht,
       desto fragwürdiger wird das Projekt. Diese Einsicht lässt sich weder
       schlichten noch wegdialogisieren. Stuttgart 21 muss ab in die Grube!
       Notfalls per Stimmzettel im März.
       
       22 Oct 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Manfred Kriener
       
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