# taz.de -- Nutzerdaten wurden verkauft: Facebook bekommt Lecks nicht dicht
       
       > Das Online-Netzwerk hat eingeräumt, dass Anwendungsentwickler Nutzerdaten
       > an Infosammler veräußert haben. Externe Anwendungen werden schlecht
       > kontrolliert.
       
 (IMG) Bild: Auch "Farmville" steht unter Verdacht, Nutzerdaten weiterzugeben.
       
       Wer interessiert sich für das Nutzerverhalten auf Facebook? Neben dem
       Netzwerk selbst, das sein Geld [1][mittels zielgerichteter Werbung]
       verdient, augenscheinlich auch jede Menge Marketingunternehmen. Am
       Wochenende musste Facebook [2][nun einräumen,] dass man "mehrere Fälle"
       entdeckt habe, bei denen ein sogenannter Data Broker Anwendungsentwickler
       für Nutzerdaten bezahlt habe.
       
       Data Broker sind Infosammler, die möglichst genaue Kundenprofile erstellen,
       um sie zu Marketing- oder Auskunfteizwecken an Dritte zu verkaufen. Im
       September hatte das "Wall Street Journal" berichtet, dass über
       Facebook-Anwendungen, auch Apps genannt, Nutzerdaten an mindestens 25
       Werbe- und Infosammelfirmen weitergegeben wurden. Der Blogeintrag macht nun
       klar, dass dies nicht nur wegen Programmierfehlern oder technischen Zufall
       geschah, wie es anfangs hieß.
       
       Auf Facebook ist es möglich, jede Menge Apps zu installieren - vom Spiel
       über Psychotests bis zur fertigen Textverarbeitung. Diese Programme werden
       von Drittentwicklern im Netzwerk angeboten, um es attraktiver zu machen.
       Dabei bekommen die App-Entwickler jene Grunddaten durchgereicht, die
       Facebook über jedes Mitglied speichert - beispielsweise den Namen. Im
       Zweifelsfall fordern Apps aber auch Zugriff auf die Freunde eines Mitglieds
       und können auf seine Fotos oder Videos zugreifen.
       
       Beim vom "Wall Street Journal" aufgedeckten Vorfall hatten Apps die
       sogenannte UID ("User Identification") weitergereicht. Das ist die
       eindeutige Nummer, die jedes Facebook-Mitglied identifiziert. Tauchte dann
       beispielsweise Werbung in einer App auf, kannte der Werbetreibende
       plötzlich die UID, aus der wiederum auf die Person geschlossen werden
       konnte. Ursprünglich hieß es, das sei ein technisches Problem mit
       sogenannten Referrern, bei denen Nutzerinformationen in Internetadressen
       kodiert werden; nun zeigt sich, dass das nicht in jedem Fall stimmte. Zwar
       reichten viele App-Entwickler die UID nur unbewusst weiter, doch es gab
       eben auch Ankaufversuche.
       
       Zu den Infosammlern, die vermutlich Daten von Anwendlungsentwicklern
       erworben haben, soll US-Medien zufolge die kalifornische Firma Rapleaf
       gehören. Sie sammelt aus zahllosen Quellen im Netz Daten über einzelne
       Nutzer und verknüpft diese dann mit E-Mail-Adressen oder den erwähnten
       Facebook-UIDs. Neben dem direkten Kauf von Daten setzt Rapleaf auch
       technische Methoden zum Abgrasen des Netzes ein - sogenannte Scraper, die
       sich mittlerweile auch in geschlossene Foren einloggen können.
       
       Firmen, die wissen wollen, ob ein Kunde zu einer potenziell interessanten
       Zielgruppe gehört, können dessen Informationen mit Rapleaf in
       Sekundenschnelle abgleichen oder die Dienste des Unternehmens für
       erstaunlich zielgenaue Werbekampagnen nutzen. Facebook zufolge hat Rapleaf
       sich nun bereit erklärt, alle bereits gespeicherten UID-Informationen aus
       dem sozialen Netzwerk zu löschen und künftig "keine weiteren Aktivitäten"
       innerhalb von Facebook mehr vorzunehmen.
       
       Außerdem teilte der Konzern mit, er wolle nun alle Entwickler verpflichten,
       sensible Daten wie UIDs stets innerhalb der eigenen Anwendung zu belassen.
       Man habe eine "Null-Toleranz-Politik gegenüber Data Brokern" und werde den
       betroffenen Entwicklern - es sollen fast ein Dutzend sein - nun für sechs
       Monate eine Zwangspause verordnen. Es seien "vor allem kleine Entwickler"
       gewesen und keiner von ihnen verfüge über eine "Top Ten-Anwendung"
       innerhalb der Plattform.
       
       Doch so sehr sich Facebook nun im Aufräummodus befindet, ein Grundproblem
       löst der Netzwerkriese nicht. Bislang existiert noch immer kein
       vernünftiges Prüfmodell für Anwendungen. Sie werden nicht wie etwa in
       Apples "App Store" einzeln auf böswillige Codes untersucht, sondern meist
       nach einer stichprobenartigen Prüfung zugelassen. Wie gefährlich das sein
       kann, zeigt der jüngste Vorfall. Nutzer sollten sich deshalb jede
       Anwendung, die sie sich auf ihr Profil holen, ganz genau ansehen.
       
       1 Nov 2010
       
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