# taz.de -- Sicherheit bei Frachtgütern: Bomben im Flugzeugbauch
       
       > Die Anschlagsversuche legen offen: Die Kontrolle von Frachtgütern muss
       > verbessert werden. Hinter dem Päckchen ans Kanzleramt stehen wohl
       > griechische Linksautonome.
       
 (IMG) Bild: Man weiß nie, was raus kommt: Die Frachtladung von Flugzeugen kann voller gefährlicher Überraschungen stecken.
       
       BERLIN taz | Am Tag nach dem Paketbombenfund im Kanzleramt war die
       Regierung bemüht, die Vorgänge nicht zu dramatisch wirken zu lassen.
       Kanzlerin Angela Merkel besuchte die Poststelle, wo das Paket aufgefallen
       war, und bedankte sich. "Die Sicherheitsmaßnahmen funktionieren", sagte
       Regierungssprecher Steffen Seibert später. Die übrigen Mitarbeiter im
       Kanzleramt hätten von der Bombenentschärfung eh kaum etwas mitbekommen,
       dort habe die übliche Arbeitsatmosphäre geherrscht.
       
       Hinter den Kulissen war dann doch etwas mehr los. Schließlich hatte es das
       mit Schwarzpulver gefüllte Päckchen, das zwei Tage zuvor in Griechenland
       aufgegeben worden war, nicht nur bis zum Kanzleramt geschafft - der
       Sprengsatz hätte laut dem Innenministerium auch funktioniert. Und das, nur
       wenige Tage nachdem bekannt geworden war, dass auch eine der aus dem Jemen
       abgeschickten Paketbomben in Deutschland umgeladen worden war.
       
       Beide Pakete wurden mit dem Dienstleister UPS verschickt - ansonsten haben
       die Vorfälle aber nichts miteinander zu tun. Hinter den aus dem Jemen
       abgeschickten Paketen wird der al-Qaida-Ableger auf der Arabischen
       Halbinsel vermutet. Die in Großbritannien und Dubai abgefangenen
       PETN-Sprengsätze waren technisch raffiniert und hätten die Flugzeuge
       vermutlich zum Absturz bringen können. Im Vergleich dazu war der aus Athen
       abgeschickte Sprengsatz eher dilettantisch und hätte beim Öffnen wohl eine
       Stichflamme erzeugt. Er war aber "zumindest geeignet, Menschen zu
       verletzen", wie Regierungssprecher Seibert es formulierte.
       
       Hinter der Sendung wird eine griechische Linksautonomentruppe vermutet: die
       "Verschwörung der Zellen des Feuers". Das Bundeskriminalamt schickte nach
       dem Fund im Kanzleramt Beamte nach Athen, um den vermuteten Zusammenhang
       mit einer ganzen Anschlagsserie zu untersuchen. Rund ein Dutzend
       Paketbomben waren dort am Montag und Dienstag gefunden worden, adressiert
       an ausländische Botschaften, den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy,
       den Europäischen Gerichtshof und an die Polizeibehörde Europol. Eine an
       Italiens Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi adressierte Paketbombe löste
       am Dienstag auf dem Flughafen Bologna eine Stichflamme aus.
       
       Politisch fokussiert sich die Debatte nun auf eine Verschärfung der
       Kontrolle der Luftfracht. Die Bombenfunde müssten "Anlass sein, die
       Kontrollen für Frachtgüter innerhalb Europas, mit den Vereinigten Staaten
       und dann möglichst weltweit besser abzustimmen", sagte Kanzlerin Merkel. Es
       bestünden "Lücken, die jetzt geschlossen werden müssen", sagte ein Sprecher
       von Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Das könne aber nicht per
       Knopfdruck geschehen.
       
       Die Regierung hat zur Überprüfung eventueller Lücken auf nationaler und
       internationaler Ebene eine Task-Force gegründet, an der neben
       Innenministerium und Verkehrsministerium auch das Auswärtige Amt und das
       Finanzministerium beteiligt sind. Am Montag wollen sich die
       EU-Innenminister über das Thema unterhalten; bis Dezember soll es dann
       konkrete Ergebnisse auf europäischer Ebene geben, verspricht die
       Bundesregierung.
       
       Der Grünen-Innenexperte Wolfgang Wieland forderte am Mittwoch, dass
       zumindest Sendungen, die in Passagiermaschinen mittransportiert werden,
       besser überprüft werden. Die in Dubai entdeckte Paketbombe aus dem Jemen
       war an Bord einer Passagiermaschine gewesen. Der Stockholmer
       Terrorismusexperte Magnus Ranstorp geht noch einen Schritt weiter.
       "Luftfracht muss komplett vom Passagiertransport getrennt werden", sagte er
       der taz.
       
       Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Klaus Jansen, drückte
       sein Befremden über die offenkundigen Lücken so aus: "Passagiere sollen
       durch Nacktscanner laufen, und die Paketbomben gelangen ungeprüft in den
       Frachtraum. Das passt nicht zusammen."
       
       3 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Schmidt
       
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