# taz.de -- WAHLKAMPF: Künast lässt Fragen und Koalition offen
       
       > Die frisch ernannte grüne Spitzenkandidatin kann in mehreren Feldern
       > lediglich Ziele, aber keine konkreten Konzepte anbieten. Sie will ohne
       > Koalitionsaussage in den Wahlkampf gehen.
       
 (IMG) Bild: Das Ziel ist klar, nur der Weg noch nicht: Künast nach ihrer Pressekonferenz.
       
       Renate Künast hat bei ihrer ersten Pressekonferenz als Spitzenfrau der
       Grünen zahlreiche Fragen offengelassen. Am Tag nach ihrer Nominierung beim
       Landesparteitag machte die Chefin der Grünen-Bundestagsfraktion deutlich,
       dass sie bislang vorrangig Ziele genannt hat, ihr Weg dorthin aber noch
       offen ist. Das sieht sie nicht als Manko. "Ich gehe nicht so ran, dass ich
       sage: Ich habe für alles ein fertiges Konzept", sagte sie. "Das beunruhigt
       mich aber nicht, denn der Senat hat es auch nicht."
       
       Künast war am Sonntag von über 150 Grünen-Delegierten ohne Gegenstimme und
       mit einer Enthaltung zur Kandidatin für den Posten der Regierenden
       Bürgermeisterin benannt worden. Sie selbst hatte sich am Freitagabend bei
       einer Mitgliederversammlung der Partei dazu bereit erklärt und damit ihr
       über zehnmonatiges Schweigen in dieser Frage beendet. Die Grünen hatten
       seit Ende August in fünf von sechs Umfragen besser als die SPD
       abgeschnitten, erreichten zweimal 30 Prozent und lagen bis zu 8
       Prozentpunkte vor den Sozialdemokraten. Die Abgeordnetenhauswahl ist für
       den 18. September 2011 angesetzt.
       
       Offen ließ Künast vor allem die Frage, wo sie Einsparpotenzial im
       Landeshaushalt sieht, also Ausgaben streichen würde. "Das wird noch genau
       diskutiert, das werde ich heute nicht vorwegnehmen", sagte sie. Die Grünen
       wollen ihr Wahlprogramm Anfang März beschließen, im Januar soll ein Entwurf
       vorliegen.
       
       Bei der Frage nach zusätzlichen Einnahmen, mit denen sich die von ihr
       angekündigten Anstrengungen bei Bildung, Arbeit und Klima bezahlen lassen,
       verwies Künast auf eine Tourismusabgabe, die bereits von der SPD als
       City-Tax propagiert wird. Ansonsten beschränkte sie sich auf das, was von
       fast allen Parteien zu hören ist: "gute Wirtschaftspolitik", die zu mehr
       Steuereinnahmen in Berlin führen soll.
       
       In Abgrenzung zur SPD, die sich gleich Künasts Motto "Eine Stadt für alle"
       als die einzige Partei für die gesamte Stadt versteht, sagte Künast: "Wir
       sind das Original, wenn es darum geht, nicht auf Kosten anderer zu leben."
       Die SPD habe sich den Grünen im Laufe der letzten Jahre angenähert, etwa
       bei den Themen erneuerbare Energien und Atomenergie.
       
       Künast hatte Parteifreunde mit ihrer Ankündigung überrascht, Lehrer wieder
       verbeamten zu wollen. Künast rechtfertigte sich am Montag damit, dass die
       Bundesländer erst am Beginn eines Kampfes um gute Lehrer stünden. Die von
       Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) 2009 angestoßene bessere Bezahlung
       allein reiche nicht aus, sie will mit dem Argument der Verbeamtung Lehrer
       in Berlin halten oder nach Berlin holen. Dazu sei sie bereit, über ihren
       "eigenen Schatten zu springen".
       
       Noch klarer als am Sonntag sagte Künast, dass sie kein Interesse an einem
       bloßen Senatorenposten hat: Ihr Bundestagsmandat will sie nur aufgeben, um
       Regierende Bürgermeisterin zu werden. Mit Klaus Wowereit in einer Koalition
       zusammenzuarbeiten hält sie für ausgeschlossen: "Sie können nicht zwei
       Leute, die Richtlinienkompetenz wollen und können, da vorne hinstellen."
       
       Künast mochte nicht sagen, ob sie auch mit der CDU als Juniorpartner
       zusammenarbeiten würde, wenn die SPD nicht will oder besser als die Grünen
       abschneidet: "Wennsätze beantworte ich nie."
       
       Am Wochenende hatten sich CDU und Linkspartei als Partner angeboten. "Die
       Grünen werden offen in den Wahlkampf gehen", sagte Künast, "aber das ändert
       nichts daran, dass wir mit der SPD die größten Schnittmengen haben."
       
       8 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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