# taz.de -- Vergewaltigungsvorwurf in Angola: Nackt an der Grenze
       
       > Angolas Armee soll illegale kongolesische Diamantenschürferinnen brutal
       > vergewaltigt haben. Angola vertreibt jedes Jahr zahlreiche Kongolesen aus
       > dem diamantenreichen Norden.
       
 (IMG) Bild: Sollen laut UN-Bericht Kriegsverbrechen begangen haben: Ruandische Soldaten im Kongo.
       
       BERLIN taz | Die UN-Beauftragte für sexuelle Gewalt in Konfliktgebieten hat
       eine Untersuchung von Vorwürfen grausamer Massenvergewaltigungen
       deportierter Kongolesen durch Angolas Militär gefordert. Man müsse die
       Täter identifizieren und vor Gericht stellen, sagte die Schwedin Margot
       Wallström. Das humanitäre Koordinationsbüro der UNO (Ocha) meldete Ende
       letzter Woche, über 600 kongolesische Frauen und auch Männer seien Opfer
       sexueller Gewalt geworden, als Angolas Armee im Oktober bei Razzien mehr
       als 6.000 Kongolesen aus den Diamantengebieten Nordostangolas festnahm und
       über die Grenze in ihre Heimat trieb. Einigen Berichten zufolge begingen
       angolanische Soldaten Gruppenvergewaltigungen und ließen ihre Opfer nackt
       an der Grenze zurück.
       
       In der kongolesischen Grenzstadt Tembo registrierte das italienische
       Hilfswerk CISP bis zum gestrigen Montag 322 Ausgewiesene, darunter 114
       Opfer sexueller Gewalt. "Alle wurden sämtlicher Güter beraubt und kamen
       fast nackt an", heißt es in einem CISP-Lagebericht. "Uns wurde von Folter
       und lang andauernder Haft unter unmenschlichen Bedingungen berichtet."
       
       Angola vertreibt jedes Jahr zahlreiche Kongolesen, die sich ohne
       Genehmigung in den grenznahen diamantenreichen Flussbetten Nordostangolas
       niederlassen und dort nach Diamanten schürfen. Die oft brutalen
       Begleitumstände dieser Massenvertreibungen belasten regelmäßig die
       angolanisch-kongolesischen Beziehungen.
       
       Unklar ist, ob es einen Zusammenhang zwischen den Vorfällen an der Grenze
       und jüngsten Unruhen in der südwestkongolesischen Stadt Kikwit gibt, Heimat
       zahlreicher kongolesischer Diamantenschürfer in Angola. Unbekannte
       Angreifer überfielen Anfang letzter Woche das Militärlager von Kikwit und
       töteten drei Soldaten. Als Reaktion übernahmen mit Stöcken bewaffnete
       Jugendliche mehrere Tage lang die Kontrolle über Kikwit und verwüsteten
       öffentliche Gebäude, darunter die Büros von Kabilas Regierungspartei.
       
       Die Vorgänge haben zahlreiche Spekulationen über eine neue Rebellion im
       Distrikt Kwilu genährt, von dem Kikwit die Hauptstadt ist. Hier hatten sich
       in den 1960er Jahren länger als sonst wo im Kongo bewaffnete Anhänger des
       Befreiungshelden Patrice Lumumba gehalten und Diktator Mobutu bekämpft. Der
       letzte noch lebende Militärführer jener Rebellion, Faustin Munene, ist seit
       vier Wochen spurlos aus seinem Haus in Kinshasa verschwunden.
       
       9 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kriegsverbrechen im Kongo: Scharfe Kritik auf Samtpfötchen
       
       Die UN-Menschenrechtskommission veröffentlicht eine umstrittene
       Untersuchung von Kriegsverbrechen im Kongo - die angeprangerten Staaten
       beziehen darin Stellung.
       
 (DIR) Übergriffe im Ostkongo: "Sonst töten wir euch"
       
       Warum blieb die UN-Mission angesichts der jüngsten Massenvergewaltigung
       durch die Hutu-Miliz FDLR untätig? Wegen laufender Verhandlungen. Die Miliz
       nutzt das.