# taz.de -- Russische Aktivistin über Castoren aus Ahaus: "Man will im großen Stil importieren"
       
       > Im Umkreis der Atomfabrik Majak nimmt die radioaktive Verseuchung zu.
       > Umweltschützerin Natalja Mironowa fürchtet: Der geplante Castor-Transport
       > aus Ahaus macht es noch schlimmer.
       
 (IMG) Bild: Ab nach Russland damit: Castoren mit abgebrannten Brennstäben aus dem DDR-Forschungsreaktor Rossendorf (Archivaufnahme 2004 in Rossendorf ein paar Monate vor dem Transport nach Ahaus.)
       
       taz: Frau Mironowa, Sie haben gemeinsam mit anderen Umweltschützern Angela
       Merkel, Präsident Medwedjew und Präsident Obama aufgefordert, den geplanten
       Atommülltransport nach Russland zu verbieten. Warum? 
       
       Natalja Mironowa: Wir haben schon genug Atommüll. 65 Jahre lang ist es
       immer wieder in der Fabrik Majak zu schweren Unfällen gekommen, in deren
       Folge zigtausend Quadratkilometer verseucht worden sind. Die flüssigen und
       gasförmigen Abfälle gelangen in die Umwelt direkt vor unserer Haustür. Der
       radioaktive Müll wird in die Seen Karatschai, Staroje Boloto und den Fluss
       Tetscha geleitet. Die Tetscha transportiert den Müll weiter in den Ob und
       bis in das nördliche Eismeer.
       
       Wer unterstützt den Protest? 
       
       Das Schreiben, das inzwischen von 50 Organisationen unterzeichnet worden
       ist, stammt von Umweltgruppen aus St. Petersburg, Murmansk und
       Tscheljabinsk. Denn auch die Hafenstädte St. Petersburg und Murmansk werden
       vom Transport direkt betroffen sein.
       
       Wie leben die Menschen im Gebiet Tscheljabinsk? 
       
       Viele müssen in verstrahlten Regionen leben, nehmen radioaktiv verseuchte
       Lebensmittel zu sich. In der Folge steigt die Erkrankungsrate an.
       Gleichzeitig fehlt das Geld, diese Erkrankungen zu behandeln. Und da die
       Menschen in verstrahlten Gebieten häufig krank sind, sind auch ihre
       Einkünfte niedrig. Wer in einem verstrahlen Gebiet lebt, hat in der
       Gesellschaft einen niedrigen Status. 2008 haben die Neuerkrankungen an
       Krebs bei Kindern um 64 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugenommen. Auch
       Missbildungen bei Neugeborenen haben deutlich zugenommen.
       
       18 Castoren mit Atommüll, der aus dem früheren DDR-Forschungsreaktor
       Rossendorf stammt, sollen demnächst nach Majak kommen. Könnte angesichts
       der Proteste in Deutschland und bei Ihnen dieser Transport der letzte nach
       Russland sein? 
       
       Das glaube ich leider nicht. Ich denke, die Vereinbarung, Atommüll aus
       Deutschland nach Russland zu schicken, ist vielmehr ein erster
       Versuchsballon. Dem russischen Parlament liegt ein Gesetzentwurf der
       Regierung und der Atomenergiebehörde Rosatom zum Umgang mit Atommüll vor.
       Wenn dieser angenommen wird, darf man Atommüll einfach unter die Erde
       kippen.
       
       Was steckt dahinter? 
       
       Mit diesem Gesetz will man ganz offen einem Import von Atommüll aus dem
       Ausland im großen Stil juristisch den Boden bereiten. Rosatom will
       Geschäfte machen. Das Problem mit abgebrannten Brennstoffen ist nirgends
       auf der Welt gelöst. Das heißt, es gibt große Mengen Atommüll, mit dem sich
       Geschäfte machen lässt.
       
       Wird das Gesetz kommen? 
       
       Am nächsten Mittwoch findet im Parlament die zweite Lesung statt. Und
       derzeit sieht es so aus, als würde der Entwurf des Atommüllgesetzes bald
       Gesetz sein.
       
       Und Deutschland könnte der Nutznießer sein? 
       
       Die deutsche Regierung und die deutsche Wissenschaft haben ihren Nutzen vom
       Betrieb des Forschungsreaktors gehabt. Deswegen ist es doch nur
       folgerichtig, dass sie auch die Verantwortung für diesen Müll übernehmen.
       
       Was ist zu tun? 
       
       Als Erstes ist Majak zu schließen. Bei einer gerichtlichen Anhörung 1998
       haben sogar offizielle Majak-Vertreter gesagt, dass es nur eine Möglichkeit
       gebe, die Verseuchung der Umwelt zu beenden, nämlich durch die Schließung
       des Werkes. Mit seinem geplanten Atomtransport leistet Deutschland den
       Menschen und der Umwelt im Gebiet Tscheljabinsk einen Bärendienst. Zweitens
       muss den Opfern geholfen werden. Hier würden wir uns sehr über Hilfe aus
       Deutschland freuen. Doch euren Atommüll wollen wir nicht.
       
       12 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Clasen
       
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 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
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