# taz.de -- Frankreichs neue Regierung: Klarer Sieg der orthodoxen Gaullisten
       
       > Staatschef Nicolas Sarkozy geht auf Nummer sicher und nominiert die alte
       > gaullistische Garde für die neue Regierung. Damit dürfte er keinen
       > Blumentopf gewinnen.
       
 (IMG) Bild: Hat bei den linken Ministern seiner Regierung den Säbel angesetzt: Präsident Nicolas Sarkozy.
       
       PARIS taz | Ganz so "druckfrisch" dürfte die Liste der neuen Minister und
       Staatssekretäre den Franzosen beim Zeitungslesen am Montagmorgen gestern
       nicht vorgekommen sein. In vielen Kommentaren stand die rhetorische Frage:
       "Tout ça pour ça?" (So viel Aufwand für so wenig?). Andere Blätter
       zitierten Shakespeare: "Viel Lärm um nichts". Die Enttäuschung ist
       verständlich. Die Änderungen entsprechen in keiner Weise den von Präsident
       Nicolas Sarkozy seit Monaten geschürten Erwartungen. Auch hatte er die
       Bürger in der Vergangenheit mit spektakulären Nominierungen an
       Überraschungen gewöhnt. Weil nun aber der neue Regierungschef der alte ist
       und auch sonst längst bekannte Gesichter auf dem Gruppenbild des von 37 auf
       30 Mitglieder reduzierten Kabinetts dominieren, wirkt die erneuerte
       Regierungsmannschaft für viele ein wenig zu altbacken.
       
       François Fillon bleibt Premierminister und mit ihm seine engsten
       Mitarbeiter aus den Reihen der Regierungspartei UMP. Diese war mehrheitlich
       gar nicht erbaut von Sarkozys Plänen, den unberechenbaren Umwelt- und
       Energieminister Jean-Louis Borloo, der der kleinen Radikalen Partei und
       nicht der UMP angehört, mit einer Regierungsbildung zu beauftragen. Die
       Palastrevolte der alten Garde der UMP gegen Sarkozys Favoriten Barloo war
       erfolgreich. Fillon, ihr Mann, bleibt am Ruder, und das Gewicht der
       Gaullisten des UMP in der Regierung wächst, namentlich durch die Ernennung
       von Jacques Chiracs ehemaligem Premierminister Alain Juppé. Eine weitere
       orthodoxe Gaullistin aus der Chirac-Zeit, Michèle Alliot-Marie, wechselt
       vom Justiz- ins Außenministerium, sie bekommt dabei auch noch den Titel
       einer Staatsministerin und wird ranggleich mit Juppé Nummer zwei der
       Regierung.
       
       Relevant an dieser Regierungsumbildung, in der man vor allem die
       Konzentration auf den gaullistischen Kern der UMP bemerkt, sind die
       Abgänge. Sie markieren das Ende der "Öffnung", mit der Sarkozy nach seiner
       Wahl 2007 zunächst alle verblüfft hatte. Nicht bestätigt wurden
       Regierungsmitglieder wie Exaußenminister Bernard Kouchner, Staatssekretärin
       Fadela Amara oder auch Staatssekretär Jean-Marie Bockel, die Sarkozy der
       Linken abgeworben hatte, aber auch Rama Yade, die als einzige Schwarze im
       Kabinett ebenfalls ein Symbol für Pluralismus darstellen sollte. Mit
       (wenig) Dank entlassen wurden auch Vertreter des bürgerlichen Zentrums wie
       Exverteidigungsminister Hervé Morin, der Chef der Satellitenpartei Nouveau
       Centre.
       
       Der große Verlierer aber ist Jean-Louis Borloo. Er war bisher die Nummer
       zwei der Regierung. Den Trostpreis einer Nebenrolle hat er ausgeschlagen
       und die Regierung lieber ganz verlassen, um "seine Freiheit der
       Meinungsäußerung wiederzuerlangen". Keine Überraschung ist es hingegen,
       dass auch der bisherige Arbeitsminister Eric Woerth nicht mehr mit von der
       Partie ist. Als früherer Schatzmeister der UMP war er zu sehr in die
       Bettencourt-Wahlspendenaffäre verstrickt und stellte so für Sarkozy eine
       Zeitbombe dar. Er hat zudem mit der Verabschiedung der umstrittenen
       Rentenreform seine Arbeit getan, er kann gehen.
       
       Klarer Gewinner dieser Retuschen und Rochaden ist also Premierminister
       François Fillon. Ausgerechnet dieser Regierungschef, der immer im Schatten
       des Präsidenten stand und sich viele Erniedrigungen gefallen lassen musste,
       hat sich gegen Sarkozy durchgesetzt, weil er erstens die Regierungspartei
       UMP, zweitens aber auch die Volksmeinung hinter sich hat, laut der er seit
       Langem viel populärer ist als der Staatschef. Fillon möchte jedenfalls
       regieren und nicht mehr bloß hinter Sarkozy buckeln.
       
       15 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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