# taz.de -- Krisendiplomatie: Irland soll sich helfen lassen
       
       > Die EU und der IWF wollen den irischen Staatshaushalt und die
       > angeschlagenen irischen Banken überprüfen. Der diplomatische Druck auf
       > Irland wächst, Hilfe der Euroländer anzunehmen.
       
 (IMG) Bild: Irland bürgt für seine maroden Banken mit einer Summe von 350 Milliarden Euro.
       
       Irland steht kurz vor der Staatspleite. Und der diplomatische Druck auf das
       Land erhöht sich. "Keiner kann nur für sich alleine handeln", sagte
       Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Mittwoch beim Treffen der
       EU-Finanzminister in Brüssel. Falls Irland keine Kredite aus Europa
       annehme, könnte die Krise auf andere Staaten übergreifen.
       
       An diesem Donnerstag reisen Abgesandte der Europäischen Kommission, der
       Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds nach Dublin,
       um den Haushalt der irischen Regierung und die angeschlagenen Banken zu
       überprüfen. Die Iren geben sich freundlich. Man habe dieser Untersuchung
       zugestimmt, sagte Finanzminister Brian Lenihan am Mittwoch im irischen
       Rundfunk. Eine solche Untersuchung sei "dringend" und "zielgerichtet".
       
       Irland bürgt für seine maroden Banken mit einer Summe von 350 Milliarden
       Euro. Die Rettung selbst dürfte etwa 50 Milliarden kosten. Daher weist der
       Staatshaushalt für 2010 ein Defizit von 32 Prozent des Bruttoinlandprodukts
       auf.
       
       Bisher haben die Iren es jedoch abgelehnt, sich hilfesuchend an den
       europäischen Schutzschirm zu wenden. Denn bis Mitte 2011 reicht das Geld,
       das sie sich auf den internationalen Finanzmärkten geliehen haben. Zudem
       wählen die Iren am 25. November ein neues Parlament, und die Regierung
       fürchtet, dass sie ihre knappe Mehrheit verlieren würde, falls sie das Land
       den harten Auflagen ausliefert, die die Bedingung für jede Hilfe der EU und
       des Internationalen Währungsfonds sind.
       
       Ein besonderer Streitpunkt ist die Körperschaftsteuer, die in Irland nur
       bei 12,5 Prozent liegt. Mit diesem Steuerdumping wollen die Iren
       Unternehmen aus den Nachbarländern anziehen - was die anderen Eurostaaten
       als Affront begreifen.
       
       Während die Iren also am liebsten bis Mitte nächsten Jahres abwarten
       würden, drängen ihre Europartner zur Eile. Denn die ungelöste Schuldenkrise
       in Irland macht die Anleger nervös. Daher steigen die Risikoprämien auch
       für potenzielle Pleitekandidaten wie Portugal, Spanien und Griechenland,
       die in den nächsten Monaten neue Staatsanleihen ausgeben müssen, um ihr
       Defizit zu finanzieren.
       
       Zudem gerät auch die Europäische Zentralbank in Bedrängnis, wenn die Iren
       nicht bald ihre Banken stabilisieren. Denn es sind kaum noch private
       Anleger bereit, den irischen Banken frisches Geld zu geben. Ihnen erscheint
       das Risiko zu hoch. Also müssen sich die irischen Banken über die EZB
       refinanzieren - bis Ende Oktober sind bereits 130 Milliarden Euro an
       Liquiditätshilfen nach Irland geflossen.
       
       Unterstützung wird den Iren jedoch nicht nur von den Euroländern angedient.
       Auch die Briten wollen mit bilateralen Krediten helfen. Denn von einem
       Bankrott Irlands wären vor allem britische Banken betroffen: Sie haben
       148,5 Milliarden Dollar an ihr Nachbarland verliehen. Damit liegen sie noch
       vor den deutschen Banken, die Kredite in Höhe von rund 138 Milliarden
       Dollar nach Irland vergeben haben.
       
       Neben der Krise in Irland spitzen sich auch die Probleme in Griechenland
       zu, dessen Haushaltsdefizit in diesem Jahr bei mindestens 9,4 statt der
       prognostizierten 7,8 Prozent liegen dürfte. Griechenland erhält bereits
       Hilfen von den Euroländern und dem IWF.
       
       Doch soll diese Unterstützung jetzt verzögert werden. Wegen der ständig
       steigenden Defizite in Griechenland haben die Finanzminister der Euroländer
       am Dienstag in Brüssel beschlossen, die nächste fällige Tranche aus dem
       Euro-Krisenfonds nicht im Dezember auszuzahlen, sondern erst im Januar.
       "Wir warten jetzt auf das Datenmaterial aus Griechenland", erklärte der
       österreichische Finanzminister Josef Pröll.
       
       Denn auch in Griechenland sind derzeit Experten der EU-Kommission, der
       Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds unterwegs,
       um den Erfolg der Sparprogramme zu überprüfen. Die Griechen dürfte es
       allerdings kaum treffen, dass die Euroländer ihre Tranche um einen Monat
       verschieben. Zugleich erwarten sie nämlich 9 Milliarden Euro vom
       Internationalen Währungsfonds, der weiterhin pünktlich zahlen will. Es gebe
       "kein Finanzierungsproblem", hieß es daher aus Athen.
       
       Auch die Anleger scheinen von der hektischen Schuldendiplomatie kaum
       beeindruckt: Der deutsche Aktienindex DAX lag am Mittwoch leicht im Plus,
       und der Euro gewann etwas gegenüber dem Dollar.
       
       17 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
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