# taz.de -- Kommentar zu Irlands Schuldenkrise: Dubliner Pyramidenspiel
       
       > Mit Mauscheleien hat die irische Regierung die Wirtschaft gegen die Wand
       > gefahren. Dafür soll jetzt das Volk bezahlen. Der Premier sollte sich
       > schämen.
       
       Das irische Volk müsse sich nicht dafür schämen, dass ausländische
       Institutionen nun ein Auge auf die irischen Finanzen werfen, sagte
       Premierminister Brian Cowen am Freitag. Da verschlägt es einem doch die
       Sprache. Es war nicht das Volk, das die irische Wirtschaft gegen die Wand
       gefahren hat, sondern vor allem Cowen selbst - zuerst als langjähriger
       Finanzminister, seit 2008 als Premier.
       
       Cowens Partei Fianna Fáil regiert das Land seit 80 Jahren mit kurzen
       Unterbrechungen wie ein Familienunternehmen. Wer zu ihr gehörte, hatte
       ausgesorgt. Offensichtlich wurden die Mauscheleien bereits in den Achtziger
       Jahren des vorigen Jahrhunderts.
       
       Während die Regierung dem Volk verordnete, den Gürtel enger zu schnallen,
       füllte man sich selbst die Taschen mit Bestechungsgeldern. Zahlreiche
       Tribunale beschäftigen sich seit Jahren damit, ohne dass jemand zur
       Rechenschaft gezogen wurde. Dennoch wurde Fianna Fáil stets wiedergewählt.
       
       So konnte man munter weitermachen. Als der Wirtschaftsboom Mitte der
       Neunziger Jahre begann, schnitt die Regierung ihre Steuerpolitik auf ihre
       Kumpane in der Bauindustrie zu. Wer Häuser baute, zahlte praktisch keine
       Steuern. Die Baulöwen ließen sich im Gegenzug nicht lumpen und verteilten
       Gelder an Politiker, damit sie Agrarland in Bauland umwidmen konnten. Im
       ganzen Land entstanden Geistersiedlungen, in denen keiner wohnt. Wie bei
       einem Pyramidenspiel musste die Sache schiefgehen.
       
       Wer die Zeche zahlt, stand von Anfang an fest. Die Banken retteten die
       Bauunternehmer, und das Volk soll nun die Banken retten. Weil das die
       finanziellen Kräfte übersteigt, muss man bei der Europäischen Zentralbank
       und beim Internationalen Währungsfonds um Hilfe ersuchen. Dafür muss sich
       das Volk nicht schämen. Cowen müsste das tun. Doch Voraussetzung für Scham
       ist ein gewisses Maß an Ehrgefühl und Anstand.
       
       19 Nov 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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