# taz.de -- Online-Netzwerk Diaspora: Ein erster Blick aufs Anti-Facebook
       
       > Das sicherheitsbetonte soziale Netzwerk Diaspora lässt sich nun in einer
       > Testversion ausprobieren. Dabei werden erste Stärken und Schwächen gut
       > sichtbar.
       
 (IMG) Bild: Schön ist das nicht: Startseite von Diaspora.
       
       Diaspora ist da - wenn auch noch nicht für jeden. Über 200.000 Dollar haben
       einige New Yorker Studenten von Internetnutzern zum Start des neuen, auf
       Sicherheit und Schutz der Privatsphäre ausgelegten Online-Netzwerks
       [1][eingeworben], nun kann man erste Ergebnisse sehen. Seit Ende letzter
       Woche lässt sich [2][Diaspora] erstmals testen. Dazu wurden an mehrere
       Tausend Nutzer Einladungen verschickt, die die sogenannte Alphaversion
       ausgiebig prüfen können.
       
       Noch ist Diaspora rudimentär. Die Grundstrukturen sind darauf angelegt, die
       Privatsphäre des Nutzers zu schützen und unnötigen Exhibitionismus zu
       vermeiden. Diaspora teilt alles nach sogenannten Aspects ein - auf Deutsch
       Aspekte genannt, also Ansichten. Vorgegeben sind die Aspekte "Familie" und
       "Arbeit", der Nutzer kann beliebig viele eigene Aspekte hinzufügen - einen
       Freundeskreis, eine Fußballrunde, Teilnehmer eines Uni-Seminars. Ziel ist
       stets, Daten mit genau der Zielgruppe zu teilen, die man erreichen will und
       mit niemandem sonst.
       
       Einträge oder Fotos landen vorerst nur in dem Aspekt, in dem sie
       eingestellt ("geteilt") wurden. Erst wenn man auf "Alle" klickt, werden sie
       über die gewünschte Gruppe hinaus angezeigt. Einträge können Fotos
       enthalten und kommentiert werden. Diaspora ist darauf ausgerichtet,
       zunächst nichts mit der Außenwelt zu teilen. Nur wer explizit eine Checkbox
       aktiviert, wird seine Diaspora-Äußerungen auch im Internet finden.
       Verknüpfungen mit einem RSS-Nachrichtenfeed, zu Facebook oder Twitter sind
       ebenfalls möglich.
       
       Fehlerfrei arbeitet Diaspora noch nicht. So mancher Beitrag landet in einem
       speziellen Aspekt, obwohl obwohl er an "alle" adressiert war. Hinzu kommen
       Probleme mit der Gestaltung. Diaspora steht in mehreren Sprachen zur
       Verfügung, darunter auch Deutsch, doch brechen in dieser Sprache manchmal
       Felder falsch um oder zeigen den Text nur in Teilen an.
       
       Das größte Problem bisher ist, dass man mit Diaspora noch nicht viel
       anfangen kann. Es fehlen Standardfunktion wie Direktnachrichten, Chats oder
       Videos, die allesamt nach und nach integriert werden sollen. Von Vorteil
       ist, dass Nutzer schon jetzt all ihre Daten problemlos exportieren können -
       bei Facebook ist das noch immer nicht in vollem Umfang möglich. Zudem lässt
       sich Diaspora dezentral betreiben. Wer will, kann das Netzwerk auf einem
       eigenen Server installieren. Einfach funktioniert auch die Einteilung von
       Freunden: Ein Profilbild wird in den passenden Aspekt gezogen, das war's.
       
       Die Entwickler von Diaspora haben stets die Sicherheit ihres Netzwerks
       betont, entsprechend hoch waren vorab die Erwartungen. Enttäuscht werden
       sie nicht. Der gesamte Datenverkehr zwischen den Nutzern und Diaspora wird
       mittels SSL verschlüsselt, einer in jedem Browser standardmäßig eingebauten
       Sicherheitstechnik. Das unterscheidet den Dienst deutlich von Facebook, wo
       nur bestimmte Einstellungen geschützt sind, der größte Teil der
       Kommunikation unter Nutzern aber im Klartext durch das Netz rauscht.
       
       Welche Folgen das haben kann, zeigte kürzlich das kostenlose
       Firefox-Zusatzprogramm [3][Firesheep], mit dem sich in ungeschützten WLANs
       innerhalb von Sekunden Zugangsdaten entführen ließen. Zwar haben einige
       Anbieter auf diese Lücke reagiert, einige der publikumsreichen Seiten
       (inklusive Facebook) [4][bleiben] aber ungeschützt.
       
       Auch Diaspora macht noch nicht alles richtig, wenn es um Sicherheit geht.
       Code-Analysen der ersten Entwicklerversion zeigten diverse
       [5][Sicherheitslücken] auf. Das ist nicht ungewöhnlich für eine
       Alpha-Version, also Software in einem frühen Entwicklungsstadium.
       Schließlich wollen die Entwickler je gerade Erfahrungen sammeln, um
       Probleme zu erkennen und schnell zu lösen.
       
       Nach dem Log-In ab Mitte letzter Woche wurden weitere Neuanmeldungen am
       Freitag zunächst gestoppt. Als Begründung gab das Diaspora-Team an, aus den
       gesammelten Daten der ersten Tage "sinnvolle Ergebnisse" abzuleiten -
       dadürfte harte Programmierarbeit gemeint sein. Bereits versandte
       Einladungen bleiben gültig. Das Interesse, so zeigt sich, ist jedenfalls
       groß - Diaspora-"Invites" sind gefragt.
       
       29 Nov 2010
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /1/netz/netzkultur/artikel/1/das-freie-facebook/
 (DIR) [2] http://www.joindiaspora.com/
 (DIR) [3] /1/netz/computer/artikel/1/wie-firesheep-facebook-kapert/
 (DIR) [4] http://codebutler.com/firesheep-three-weeks-later-fallout
 (DIR) [5] http://www.thinq.co.uk/2010/9/17/alert-raised-over-diaspora-security/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ben Schwan
       
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