# taz.de -- Qualität der Berliner Luf ist miserabel: Berlin verstaubt
       
       > Die Feinstaubbelastung vor allem an Hauptstraßen ist weiterhin viel zu
       > hoch. Trotz Umweltzone. Die zuständigen Senatsverwaltungen sehen dennoch
       > keinerlei Handlungsbedarf.
       
 (IMG) Bild: Jede Menge Staub trotz Umweltzone
       
       Es ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen: Auf Platz eins liegt derzeit die
       Frankfurter Allee in Friedrichshain, auf Platz zwei folgt der Mariendorfer
       Damm. Seit Jahresanfang hat die Feinstaubmessstation an der Frankfurter
       Allee an 48 Tagen mehr als 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft
       festgestellt. 35 Überschreitungstage jährlich sind erlaubt. Am Mariendorfer
       Damm sind es nur etwas weniger. Auch an anderen Straßen sieht es kaum
       besser aus: In diesem Jahr wurde der Grenzwert bislang an 4 von 14
       Stationen in der Stadt überschritten, zwei weitere werden wohl noch
       dazukommen.
       
       "Die aktuellen Werte sind eine Folge des vergangenen Winters", sagt Regina
       Kneiding, Sprecherin der Senatsverwaltung für Umwelt. Tatsächlich fällt
       fast die Hälfte der Überschreitungstage in die ersten Wochen des Jahres.
       Durch die damalige Inversionswetterlage wurde der Feinstaub nicht wie sonst
       aus der Stadt weggeweht, sondern verstärkte Tag für Tag die Konzentration.
       Das Umweltbundesamt wies bereits damals darauf hin, dass die Stadt auch
       selbst Dreck verursacht und man die hohe Belastung nicht ausschließlich
       aufs Wetter schieben könne.
       
       Bislang soll in Berlin vor allem die Umweltzone die Luft verbessern: Autos,
       die innerhalb des S-Bahn-Rings genutzt werden, müssen bestimmte
       Umweltstandards erfüllen. Wer zu viel Dreck verursacht, muss draußen
       bleiben. Eine erste Wirkungsanalyse im Auftrag der Senatsverwaltung für
       Umwelt bescheinigt der Umweltzone Erfolge: Die Fahrzeugflotte habe sich
       deutlich verjüngt und sei damit umweltfreundlicher geworden. Auch die
       Emission von Dieselruß und Stickoxiden sei stärker gesunken, als es unter
       normalen Bedingungen zu erwarten gewesen wäre.
       
       Einige Werte sind allerdings immer noch zu hoch - und das nicht zum ersten
       Mal. Bereits im vergangenen Jahr gab es an der Frankfurter Allee und am
       Mariendorfer Damm mehr Feinstaub, als von der EU erlaubt. Klar ist daher:
       Während an den meisten Straßen, an denen gemessen wird, die Werte im Rahmen
       bleiben, scheinen die Maßnahmen für einige Hauptverkehrsstraßen nicht
       ausreichend zu sein. Hier verweist die Umweltverwaltung auf die Kollegen
       aus der Senatsverwaltung für Verkehr.
       
       Doch auch die Verkehrsverwaltung argumentiert mit dem Wetter. "Zurzeit
       planen wir keine konkreten Maßnahmen", sagt Sprecher Mathias Gille zu den
       hohen Werten an Frankfurter Allee und Mariendorfer Damm. Man sei aber
       bestrebt, die Emission flächendeckend zu verringern - etwa durch Angebote,
       auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen, und ein verbessertes
       Radwegnetz.
       
       Umweltschützer sind der Ansicht, dass die Straßen, auf denen die Grenzwerte
       stark überschritten werden, keine Ausnahme sind - schließlich stehen nicht
       an allen Hauptverkehrsstraßen Messgeräte. Vielmehr würden die Werte auf ein
       flächendeckendes Emissionsproblem hinweisen. "Daher sind auch
       flächendeckende Maßnahmen nötig", sagt Martin Schlegel, Referent für
       Verkehrspolitik beim Berliner Landesverband des BUND für Umwelt und
       Naturschutz Deutschland. Einen Teil müsse die Bundesebene lösen, indem sie
       die Bestimmungen über Umweltzonen verschärft. Einen Teil könne die Stadt
       selbst in die Hand nehmen: Mit Tempo-30-Zonen etwa oder mit einer Verengung
       von Straßen. Studien zeigen, dass eine Geschwindigkeitsreduktion das
       Schadstoffaufkommen senken kann. Doch der Verkehr als Verursacher wird
       dadurch nicht vollständig wegfallen. Nur durch Fahrverbote könne
       Schadstoffemission verhindert werden.
       
       Strafgelder wegen Überschreitung der Grenzwerte sind noch nicht absehbar.
       Derzeit läuft nach Auskunft der Europäischen Komission zwar ein
       Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland, doch erst wenn die
       Grenzwerte anschließend noch immer nicht eingehalten werden und es zu einem
       zweiten Verfahren kommt, drohen Strafen. Betroffene Bürger können
       allerdings jetzt schon auf Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität
       klagen.
       
       1 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Umweltschützer warnen vor Röttgen: Nur eine große Luftnummer
       
       Feinstaub in den Städten, doch die Regierung mache dreckige Autos billiger,
       warnen Umweltschützer. Denn Diesel werden von der Strafsteuer befreit,
       Rußfilter nicht gefördert.
       
 (DIR) Auswirkungen der Hitze: Ozon macht Senat lethargisch
       
       Mit der Hitze sind die Ozonwerte drastisch gestiegen - in den 90er Jahren
       wäre nun Panik ausgebrochen. Doch Umweltverwaltung und Forscher glauben,
       dass man auf lokaler Ebene nichts gegen das Reizgas tun kann
       
 (DIR) Boom der Kreuzfahrten: Dreckige Traumschiffe
       
       Mehr Passagiere, mehr Umsätze, mehr Schiffe. Doch das saubere Image der
       weißen Traumschiffe schwindet.
       
 (DIR) Verkehr: Zonensünder müssen blechen
       
       Wer ab heute ohne Plakette in der Umweltzone Auto fährt, muss mit 40 Euro
       Bußgeld und einem Punkt in Flensburg rechnen. Feinstaub knackt weiterhin
       die Grenzwerte.