# taz.de -- Wikileaks-Gründer wird aus Haft entlassen: Assange kommt gegen Kaution frei
       
       > Julian Assange kommt frei. Der Wikileaks-Gründer muss jedoch bestimmte
       > Auflagen erfüllen. Zudem wird eine Kaution von 200.000 Pfund fällig.
       
 (IMG) Bild: Vor der schwedischen Botschaft und dem Gericht demonstrierten Assange-Unterstützer. Die nahmen die Botschaft mit Freude auf.
       
       Der in Großbritannien inhaftierte Wikileaks-Gründer Julian Assange kommt
       unter Auflagen und gegen Kaution frei. Dies entschied am Dienstagnachmittag
       ein Richter in London bei einem Haftprüfungstermin. Die Kaution soll
       200.000 britische Pfund (rund 240.000 Euro) betragen. Richter Howard Riddle
       setzte einen weiteren Anhörungstermin auf 11. Januar fest.
       
       Laut dem britischem [1][Guardian] gehört neben einer Fußfessel auch eine
       Ausgangssperre zu den Auflagen für Assanges Freilassung. Diese gelte von 10
       Uhr bis 14 Uhr sowie von 22 Uhr bis 2 Uhr. Zudem müsse der Australier
       seinen Pass hinterlegen und sich täglich um 18 Uhr bei einer Polizeistation
       melden.
       
       Die Zeitung berichtet zudem, dass die schwedischen Staatsanwälte vor haben,
       Einspruch gegen die Entscheidung zu erheben. Dafür hätten sie zwei Stunden
       Zeit. Vor Ablauf dieser Zeit würde Assange auf keinen Fall entlassen.
       
       Aufgrund eines von der schwedischen Justiz erlassenen europäischen
       Haftbefehls war Assange vor einer Woche festgenommen worden und saß seither
       im Wandsworth-Gefängnis ein. Die jetzige Freilassung gegen Kaution hatte
       das Gericht noch am 7. Dezember mit der Begründung abgelehnt, Assange - der
       kein britischer Staatsbürger sei und keinen festen Wohnsitz habe - könne
       sich einer möglichen Strafverfolgung durch Flucht entziehen.
       
       Seine Anwälte argumentierten nun, dass diese Fluchtgefahr praktisch nicht
       bestehe. Assange könne prominent wie er sei gar nicht unbemerkt das Land
       verlasen. Dadurch, dass er sich vor einer Woche freiwillig stellte, habe er
       auch bewiesen, mit der Justiz zusammenarbeiten zu wollen.
       
       In der nächsten Phase des Verfahrens wird es nun um die Frage der
       Auslieferung gehen. Assange und seine Anwälte haben angekündigt, durch alle
       Instanzen zu gehen, um eine Überstellung nach Schweden zu vermeiden. Mark
       Stephens, britischer Anwalt des Australiers, erklärte gegenüber dem
       TV-Sender al-Jazira, er misstraue der schwedischen Justiz und befürchte,
       dass diese Assange an die USA ausliefern könnte. Nach seinen Informationen
       werde an einem Gericht in Virginia schon an der erforderlichen Anklage
       gegen seinen Mandanten gearbeitet.
       
       Assange selbst rief über einen Brief an seine Mutter die Welt auf, "meine
       Arbeit und meine Leute vor diesen illegalen und unmoralischen Handlungen zu
       schützen". Dabei wurde nicht ganz klar, ob er neben den Versuchen, die
       Internetplattform Wikileaks zum Schweigen zu bringen, auch die
       Vergewaltigungsanklage meinte. Er hatte die Klage abwechselnd als politisch
       motiviert oder als einen privaten Rachefeldzug bewertet.
       
       In schwedischen Justizkreisen verwundert die Hartnäckigkeit, mit der sich
       Assange einer Überstellung nach Schweden widersetzt. Denn sollte
       tatsächlich in den USA Anklage erhoben und eine Auslieferung gefordert
       werden, wäre er in Großbritannien nicht sicherer als in Schweden.
       
       Akzeptiert die britische Justiz den schwedischen Haftbefehl – und das ist
       auch nach Einschätzung von Assanges schwedischem Anwalt Björn Hurtig nur
       eine Frage der Zeit – und überstellt Assange nach Stockholm, könnte er nach
       schwedischem Recht nicht einfach an die USA ausgeliefert werden. Einem
       solchen Begehren müsste Großbritannien zustimmen. Dann müssten die
       Gerichtsbarkeiten zweier Länder darüber befinden.
       
       Andererseits hätte es die schwedische Staatsanwaltschaft in der Hand, das
       jetzige Verfahren abzukürzen und zu entdramatisieren - indem man eine
       Vernehmung Assanges in London anstatt in Stockholm akzeptiert. Dass dies
       nicht geschieht, schiebt Anwalt Hurtig weniger auf juristische Hindernisse
       als auf den "menschlichen Faktor". Offenbar ist mittlerweile zuviel
       Prestige im Spiel.
       
       Assange war vergangene Woche in der britischen Hauptstadt verhaftet worden,
       weil Schweden seine Auslieferung wegen des Verdachts der Vergewaltigung
       fordert. Der 39-jährige Australier bestreitet die gegen ihn erhobenen
       Vorwürfe. Seine Anwälte halten sie für politisch motiviert.
       
       14 Dec 2010
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.guardian.co.uk/news/blog/2010/dec/14/wikileaks-julian-assange-court-appeal-live-updates
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Gericht in London hat entschieden: Assange kommt frei
       
       Gegen rund 290.000 Euro, mit einer Fußfessel und unter strengen Auflagen
       kommt der Wikileaks-Gründer auf freien Fuß. Jetzt droht juristischer Ärger
       aus den USA.
       
 (DIR) taz-Aufruf "Ein Herz für Assange": Ein Sofa zum Verstecken
       
       Zahllose LeserInnen der taz haben sich an unserer Initiative "Ein Herz für
       Assange" beteiligt. Bereitwillig wollen sie den Verfolgten vor seinen
       brutalen Häschern verstecken.
       
 (DIR) Nach schwedischem Veto: Assange bleibt weiter in Haft
       
       Nach der Berufung Schwedens bleibt Assange weiter in Haft. Hacker haben die
       Webseite der Staatsanwaltschaft in Schweden lahmgelegt und die US Air Force
       zensiert die Internetangebote auf ihren PCs.
       
 (DIR) Schweden legt Veto ein: Assange kommt doch nicht frei
       
       Kurz vor Ende der Frist legt Schweden ein Veto gegen die Freilassung des
       Wikileaks-Gründers Julian Assange ein. Er sollte eigentlich gegen Kaution
       aus der Haft entlassen werden.
       
 (DIR) Exklusivvertrag mit dem Spiegel: Wikileaks wird ein Fall für den Presserat
       
       Die Journalistin Christiane Schulzki-Haddouti hat Beschwerde beim Presserat
       einlegt: Sie möchte gegen die Bevorzugung des Spiegels durch Wikileaks
       vorgehen.
       
 (DIR) Wikileaks-Alternative Openleaks: Zweites Leck im Januar
       
       Während weltweit um Wikileaks gekämpft wird, wollen Aussteiger im Januar
       2011 eine Alternative starten. Die Jagd auf Julian Assange verurteilen sie.
       
 (DIR) Debatte Wikileaks: Immanuel Kant 2.0
       
       Mit Wikileaks wird eine alte Utopie der Aufklärung Wirklichkeit. Im Umgang
       mit der Affäre zeigt sich die Überlegenheit von Demokratien.