# taz.de -- Exklusivvertrag mit dem Spiegel: Wikileaks wird ein Fall für den Presserat
       
       > Die Journalistin Christiane Schulzki-Haddouti hat Beschwerde beim
       > Presserat einlegt: Sie möchte gegen die Bevorzugung des Spiegels durch
       > Wikileaks vorgehen.
       
 (IMG) Bild: Könnte beim Presserat für Diskussionen sorgen: Ausgabe 48 des Spiegel.
       
       BERLIN taz | Beim Deutschen Presserat ist eine Beschwerde gegen die
       Exklusiv-Vereinbarung zwischen Wikileaks und dem Nachrichtenmagazin Der
       Spiegel eingegangen. Der Grund: Wikileaks veröffentlicht täglich
       ausgewählte US-Botschaftsdepeschen. Nur die Exklusivpartner, darunter der
       Spiegel, haben einen sogenannten "Embago-Zugang". Dieser ermöglicht es dem
       Magazin bereits vorab, alle Depeschen einzusehen.
       
       Seit nunmehr zwei Wochen veröffentlicht Wikileaks schrittweise die
       Depeschen. Bei früheren Enthüllungen der Plattform waren nach der
       Bekanntmachung des Leaks stets alle Dokumente auf einen Schlag online
       einsehbar.
       
       Im Zusammenhang mit der Beschwerde muss sich der Presserat voraussichtlich
       mit einer sehr grundsätzlichen Frage auseinandersetzen: Als was ist
       Wikileaks einzustufen? Diese Bewertung wird - so denn getroffen -
       unabhängig von der sonstigen Bewertung der Vorgänge für Interesse sorgen.
       Ist Wikileaks ein Informant, ein journalistisches Medium oder gar etwas
       ganz anderes?
       
       Die Einstufung dürfte wichtig werden, da die derzeitige
       Veröffentlichungspraxis nach Ansicht von Christiane Schulzki-Haddouti gegen
       die [1][Richtlinie 1.1 des Presserat-Kodex] verstößt. Darüber berichtet sie
       auf ihrem Blog [2][kooptech].
       
       Die besagte Richtlinie untersagt Exklusivverträge mit Informanten über
       "Vorgänge oder Ereignisse, die für die Meinungs- und Willensbildung
       wesentlich sind". Weiter heißt es: "Wer ein Informationsmonopol anstrebt,
       schließt die übrige Presse von der Beschaffung von Nachrichten dieser
       Bedeutung aus und behindert damit die Informationsfreiheit."
       
       Dies sieht Christiane Schulzki-Haddouti als gegeben an. Gegenüber taz.de
       erklärt sie: "Die Redaktionen mit Exklusivzugang zum Material haben über
       Monate hinweg ein Pfund in der Hand, das sie bewusst ausspielen." Das
       empfinde sie als Nachteil für andere Redaktionen und freie Journalisten.
       
       Denen sei beispielsweise bei einer Recherche nicht bekannt, ob weitere
       Depeschen zu einem Thema existieren. Die aber würden gebenden Falls einen
       anderen Blick auf ein Thema, gegebenenfalls sogar eine Relativierung,
       bedingen. "Die gegenwärtige Selektion der Depeschen ist für all diejenigen
       wenig zufriedenstellend, die eigene Fragestellungen verfolgen", meint
       Christiane Schulzki-Haddouti.
       
       Durch ihre Beschwerde erhofft sie sich eine Diskussion um die
       Veröffentlichungspraxis, vor allem auch im Hinblick auf künftige Leaks.
       "Bei der Konzeption neuer Whistleblower-[3][Plattformen wie OpenLeaks]
       sollte man sorgfältig überlegen, wie die Presse mit Massenleaks vernünftig
       umgehen kann", sagt die Journalistin.
       
       Lutz Tillmanns, Geschäftsführer des Deutschen Presserats, bestätigt den
       Eingang einer Beschwerde im Hinblick auf die Veröffentlichungen des
       Spiegels im Bezug auf die jüngsten Wikileaks-Enthüllungen. Diese werde nun,
       wie üblich, zunächst einer Vorprüfung unterzogen.
       
       Wenn es hierbei keine Einwände gäbe, wird der Spiegel zu einer
       Stellungnahme aufgerufen. Bis zu einer möglichen Entscheidung wird jedoch
       noch etwas Zeit vergehen: Der Beschwerdeausschuss tagt das nächste Mal im
       März 2011. Darin würde der Sachverhalt verhandelt. Beim Spiegel möchte man
       die Vorgänge auf Anfrage von taz.de derzeit nicht kommentieren.
       
       Ob es zu einer Verurteilung der Veröffentlichungspraxis kommt, ist
       fraglich. Interessant könnte die Beschwerde dennoch werden. Neben einer
       Einstufung von Wikilieaks werden vielleicht nähere Details über die
       Vereinbarung zwischen Wikileaks und seinen Exklusivpartnern bekannt.
       
       Bei der jüngsten Veröffentlichung soll die New York Times die Daten nicht
       von Wikileaks bekommen haben. Die genauen Gründe dafür sind unbekannt.
       Verschiedene Medien, unter anderen die
       [4][wikileaks-gruender-assange-laesst-new-york-times-auflaufen/50200574.htm
       l:Financial Time Deutschland] berichten zudem folgendes: Andere
       US-Medienkonzerne, beispielsweise CNN, hätten eine Zusammenarbeit mit
       Wikileaks abgelehnt. Der Grund: Man wollte den Konditionen der
       Enthüllungsplattform nicht zustimmen.
       
       14 Dec 2010
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.presserat.info/inhalt/der-pressekodex/pressekodex/richtlinien-zu-ziffer-1.html
 (DIR) [2] http://blog.kooptech.de/2010/12/presserat-beschwerde-in-der-sache-wikileaks/
 (DIR) [3] /1/netz/netzpolitik/artikel/1/zweites-leck-im-januar/
 (DIR) [4] http://www.ftd.de/it-medien/medien-internet/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Grieß
       
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