# taz.de -- Durchsuchung bei Heckler und Koch: Deutsche Waffen für den Drogenkrieg
       
       > Die deutsche Waffenfirma Heckler und Koch soll Kriegsgewehre ins
       > mexikanische Drogenkriegsgebiet geliefert haben. Blauäugigkeit oder ein
       > bewusster Verstoß gegen EU-Recht?
       
 (IMG) Bild: Soldat in Monterrey, Mexiko.
       
       Der deutsche Waffenhersteller Heckler & Koch steht im Verdacht,
       Kriegsgewehre in krisengeschüttelte mexikanische Bundesstaaten geliefert zu
       haben. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft durchkämmte am Dienstag den
       Unternehmenssitz im schwäbischen Oberndorf. Es bestehe der Verdacht des
       "Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und das
       Außenwirtschaftsgesetz", so eine Sprecherin. Rüstungsexperten sehen
       Versäumnisse jedoch vor allem aufseiten der Bundesregierung.
       
       Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hat der Buchautor Jürgen Grässlin
       ins Rollen gebracht. Im April hatte der Bundessprecher der Deutschen
       Friedensgesellschaft (DFG-VK) Strafanzeige gegen Heckler & Koch erstattet.
       Das Familienunternehmen soll illegal G36-Sturmgewehre in mexikanische
       Unruheprovinzen geliefert haben, für die seit 2007 ein Exportverbot
       besteht. Im Norden Mexikos tobt eine paramilitärische Auseinandersetzung
       zwischen dem Staat und schwer bewaffneten Kartellen, die den US-Markt mit
       Drogen versorgen.
       
       Die Inhaber der in Privatbesitz befindlichen Rüstungsfirma beteuern
       allerdings ihre Unschuld: "Heckler & Koch hat zu keinem Zeitpunkt an
       irgendwelche mexikanischen Bundesstaaten geliefert." Das Unternehmen habe
       Waffen "vertragsgemäß und allen deutschen Behörden bekannt" ausschließlich
       an die zentrale Waffeneinkaufsbehörde DCAM verkauft, die dem mexikanischen
       Verteidigungsministerium untersteht.
       
       Grässlin weitet seine Vorwürfe jedoch aus: "Noch im Herbst 2008 trainierten
       H&K-Mitarbeiter mit mexikanischen Polizisten in der Unruheprovinz Jalisco
       das Schießen mit G36-Gewehren." Auch diesen Vorwurf weist Heckler & Koch
       zurück. "Dies war kein Training und keine Ausbildung, sondern eine
       Präsentation", versicherte eine Sprecherin auf Anfrage der taz. Ohnehin
       werde "viel vermischt"; so sei bis Ende 2006 die Lieferung von
       Handfeuerwaffen nach ganz Mexiko noch vollkommen legal gewesen.
       
       Heckler & Koch ist für seine Sturmgewehre und Pistolen weltbekannt und
       beliefert unter anderem Bundeswehr, Polizei und Nato-Staaten. Die
       Unternehmensgruppe gilt als hoch verschuldet, aber durchaus profitabel.
       Allerdings ist Heckler & Koch mit einem Umsatz von 235 Millionen Euro im
       Jahr 2009 nur Zweitligist im deutschen Waffenexport: Vor allem gepanzerte
       Fahrzeuge, wie sie Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann produzieren, sind
       globale Bestseller. Auch EADS/Airbus liefert in viele Länder Raketentechnik
       und Kriegsflugzeuge, Thyssen-Krupp exportiert U-Boote und Siemens Software.
       
       Menschen werden gleichwohl vor allem durch sogenannte Kleinwaffen getötet.
       Panzer, Torpedos oder Bomben spielen in den meisten militärischen
       Konflikten heute nur eine Nebenrolle - auf Menschen geschossen wird vor
       allem mit Pistolen und Gewehren. Jürgen Grässlin schätzt, dass durch
       H&K-Waffen "mehr als 1.500.000 Menschen" umgekommen sind.
       
       Deutschland ist nach den Vereinigten Staaten und Russland der drittgrößte
       Waffenexporteur der Welt. 70 Prozent der deutschen Rüstungsproduktion gehen
       laut Angaben des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an
       der Universität Hamburg ins Ausland.
       
       Auch die Heckler & Koch GmbH exportiert seit Jahrzehnten erfolgreich. Das
       G36-Gewehr soll in bis zu 40 Ländern bei Polizei und Militär legal im
       Einsatz sein.
       
       Darüber hinaus gibt es eine Dunkelziffer. So bleiben Lizenzen auch in dem
       gerade veröffentlichten "Rüstungsexportbericht 2009" der Bundesregierung
       unberücksichtigt. Heckler & Koch verkauft, wie andere Konzerne, Lizenzen.
       Was dann mit den Waffen passiert und wo sie eingesetzt werden - immer
       wieder tauchen deutsche Gewehre und Fahrzeuge in Krisengebieten auf -, wird
       von den Behörden nicht kontrolliert.
       
       Nach Mexiko soll Heckler & Koch vor allem Komponenten für den Nachbau eines
       G36-Gewehrs geliefert haben. Abnehmer des "FX05" könnte tatsächlich die
       zentrale Einkaufsstelle des mexikanischen Militärs gewesen sein. Die
       Staatsanwaltschaft in Stuttgart bestätigt, dass Heckler & Koch nach Mexiko
       liefern durfte, nicht jedoch in die vier Krisenregionen. Der
       Friedensforscher Otfried Nassauer hält es für durchaus möglich, dass "die
       Bundesregierung blauäugig" einer Lieferung an die mexikanische
       Bundesbehörde zugestimmt hat. Das deutsche und das europäische
       Waffenexportrecht sehen dafür keine Endverbleibskontrolle vor. Wohin also
       das mexikanische Verteidigungsministerium letztlich die Waffen liefert,
       weiß möglicherweise nicht einmal die deutsche Firma selbst.
       
       Anderseits könnte die Bundesregierung mit einer Zustimmung zu einer
       Lieferung an das mexikanische Militäramt DCAM gegen EU-Recht verstoßen
       haben, gegen Recht, dem die Bundesregierung selbst zugestimmt hat.
       "Kriegswaffen wie Gewehre dürfen nicht an Drittstaaten außerhalb von EU und
       Nato geliefert werden", erklärt Mark von Boemcken, Wissenschaftler am Bonn
       International Center for Conversion (BICC).
       
       Eine abschließende parlamentarische Kontrolle der Rüstungsexporte findet
       allerdings weder in Berlin noch Brüssel statt. Einer Kungelei von Exekutive
       und Wirtschaft ist also Tür und Tor geöffnet. Von Boemcken hält den Fall
       von Heckler & Koch denn auch für eines von "vielen Beispielen", bei denen
       der geheim tagende Bundessicherheitsrat Exporten zustimmt, ohne den
       Endverbraucher wirklich zu kennen.
       
       22 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hermannus Pfeiffer
       
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