# taz.de -- Luftverschmutzung in Afghanistan: Extratag frei – zum Atmen
       
       > Durch extreme Luftverschmutzung sterben in Afghanistans Hauptstadt pro
       > Jahr 3.000 Menschen. Seitdem Beamte Donnerstags dienstfrei haben, ist die
       > Luft besser.
       
 (IMG) Bild: Staubige Luft bei Kabul.
       
       KABUL taz | Terroranschläge und Raketenangriffe der aufständischen Taliban
       mögen Einwohnern von Kabul das Leben gelegentlich schwer machen. Doch die
       größte Gefahr liegt offenbar in der Luft: Um die 3.000 Menschen, so erklärt
       das nationale Umweltschutzbüro, sterben pro Jahr in der Hauptstadt
       Afghanistans an den Folgen der Umweltverschmutzung.
       
       Kabul gehört weltweit zu den zehn Städten mit der schlimmsten
       Luftverschmutzung. Besonders im Winter, wenn Schnee und Eis die Straßen
       blockieren und Autoabgase und Ofenrauch die Luft verpesten, liegt Smog
       schon am Nachmittag über der Stadt. Augen und Nasen brennen, die Luft
       riecht nach Braunkohle und Sozialismus.
       
       Kabul ist in den letzten Jahren rasant gewachsen: von ein paar
       hunderttausend Einwohnern auf inzwischen fünf Millionen. Viele von ihnen
       leben in ungeplanten Siedlungen ohne jede Infrastruktur. In den eisigen
       Winternächten wärmt sie nur ein Feuer aus Gestrüpp, Abfall oder ein Ofen
       mit billigem Heizöl. Gas- und Öllampen sind meist die einzigen
       Lichtquellen.
       
       Zwischen 70 und 90 Prozent der Luftverschmutzung in Kabul sollen auf das
       Konto minderwertiger Brennstoffe gehen, so schätzt das Umweltschutzbüro des
       Landes. Das Fuselöl wird illegal aus den Nachbarstaaten Pakistan und Iran
       nach Afghanistan verkauft. Mit dem schlechten Brennstoff wird gekocht,
       geheizt, Auto gefahren und Licht gemacht. Jedes Jahr gibt es Unfälle und
       Brände, weil der Brennstoff nicht sicher ist.
       
       Zudem verschmutzt er die Luft. Laut Umweltschutzbehörde liegt die Belastung
       durch Stickstoffdioxid und Schwefeldioxid in Kabul mehr als hundertmal über
       den zulässigen Grenzwerten im Westen. Die Feinstaubbelastung befindet sich
       ebenfalls im dunkelroten Bereich. Die verpestete Luft setzt besonders
       Alten, Kranken und Kindern zu. Atemwegserkrankungen, Infekte und Asthma
       nehmen zu.
       
       Appelle an die Regierung, das billige Heizöl zu verbieten, blieben bislang
       ohne nennenswerten Erfolg. Ohnehin ist qualitativ hochwertiger Treibstoff
       in Afghanistan Mangelware und wird zum Großteil an die hier stationierten
       Nato-Truppen verkauft, die für ihre Flug- und Fahrzeuge auf Benzin und
       Kerosin von Spitzenqualität angewiesen sind.
       
       Die Regierung hat zwar vor einiger Zeit ein paar kleinere Unternehmen, die
       schmutziges Dieselöl vertrieben, geschlossen, doch das war eher
       Augenwischerei. Denn ohne das schlechte Heizöl würde in Kabul im Winter
       nichts mehr funktionieren.
       
       Weil man auf der Angebotsseite nicht weiterkommt, hat sich die Regierung
       nun der Nachfrageseite zugewandt und einen ungewöhnlichen Weg zur
       Verbesserung der Luftqualität eingeschlagen: Alle Staatsangestellte
       erhalten bis zum März zusätzlich einen freien Tag in der Woche. Statt nur
       am Freitag sind nun auch am Donnerstag alle Behörden und Ministerien
       komplett geschlossen. Büros und Dienststellen müssen dann nicht geheizt
       werden, und der Berufsverkehr auf Kabuls Straßen bleibt aus.
       
       Seit der Donnerstag dienstfrei ist, hat zumindest an diesem Tag der Smog
       tatsächlich deutlich nachgelassen. Viele in Kabul sind damit einverstanden.
       "Es ist doch nur wie im Westen, wo in der Woche auch zwei Tage arbeitsfrei
       sind", sagt Sabir, ein junger Afghane.
       
       23 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Agnes Tandler
       
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