# taz.de -- Streit um ölreiche Region: Der Zankapfel im Herzen Sudans
       
       > Kampf ums Öl: Nord- und Südsudan sind uneins darüber, zu welchem
       > Landesteil die Region Abyei gehört. Dort gibt es noch unerschlossene
       > Quellen.
       
 (IMG) Bild: Mühsame Reise: Flüchtlinge aus Abyei bereiten sich auf die Rückfahrt aus Khartum in ihre Heimat vor.
       
       JUBA taz | Fröhliche Aufregung herrscht in Südsudan über das
       Unabhängigkeitsreferendum am kommenden Sonntag. Aber in einem kleinen Büro
       in Südsudans Hauptstadt Juba hängt Niedergeschlagenheit in der Luft. Es ist
       der Sitz des "Bürgerforums für Abyei", eine Region an der Grenze zwischen
       Nord- und Südsudan. Ob das ölreiche Gebiet zum Norden oder zum Süden
       gehört, hätte ebenfalls am 9. Januar per Referendum geklärt werden sollen.
       Aber das wird nicht geschehen.
       
       "Wir sind zur Tauschware in den Verhandlungen zwischen Nord und Süd
       verkommen", sagt Deng Mading vom Bürgerforum verbittert. "Dass unsere
       Feinde im Norden uns schlecht behandeln, ist noch zu verstehen, aber dass
       unsere Kameraden in der südsudanesischen Regierung uns verraten, ist
       schmerzhaft. Der Süden hätte an der Forderung für ein spezielles Referendum
       in Abyei festhalten sollen. Aber um ihren eigenen Urnengang nicht zu
       gefährden, haben sie nachgegeben, und das Referendum in Abyei wird nicht
       stattfinden."
       
       Khartum und Juba sind sich nämlich nicht einig darüber, wer bei einem
       Referendum in Abyei abstimmungsberechtigt wäre. Der Süden findet, dass nur
       die Ngok Dinka, die während des Krieges an der Seite der südsudanesischen
       Rebellen kämpften, wählen sollen; sie sind die ursprüngliche Bevölkerung
       der Region und in Abyei sesshaft.
       
       Khartum will aber, dass auch das nordsudanesische Nomadenvolk der Misseriya
       teilnehmen darf, das jedes Jahr einige Monate in Abyei herumzieht, um sein
       Vieh grasen zu lassen. Im Krieg setzte Nordsudan Milizen von Nomadenvölkern
       wie den Misseriya gegen die Rebellen der SPLA (Sudanesische
       Volksbefreiungsarmee) im Süden ein.
       
       Jahrhundertelang kamen die Ngok Dinka und die Misseriya miteinander aus.
       Die Ältesten beider Völker vereinbarten jedes Jahr, wo die Misseriya sich
       aufhalten können, wenn sie mit ihren Herden durch Abyei ziehen, sodass es
       nicht zu Streitereien kommt mit den Ngok Dinka, die nämlich ebenfalls
       Viehzüchter sind, aber keine Nomaden.
       
       Als Sudan 1956 unabhängig wurde, endeten die guten Beziehungen. Der erste
       Krieg zwischen Nord und Süd begann, die Misseriya wählten die Seite des
       Nordens, die Ngok Dinka schlossen sich den südlichen Rebellen an. Im
       Friedensvertrag von 1972 wurde schon einmal ein Referendum vereinbart, um
       Abyeis Bevölkerung wählen zu lassen, ob sie zum Norden oder zum Süden
       gehören möchte. Der Urnengang fand aber nie statt, Angriffe aus dem Norden
       gingen weiter, die Ngok Dinka formierten sich in einer Rebellengruppe.
       
       Als 1983 der Krieg in ganz Südsudan wieder begann und die Rebellenarmee
       SPLA entstand, schlossen sich die Ngok Dinka ihnen an. Da die Kämpfer aus
       Abyei schon Erfahrung hatten mit dem Guerillakrieg, bekamen sie schnell
       führende Positionen in der SPLA. Beim Friedensabkommen von 2005, das den
       Krieg im Südsudan beendete, der Region Autonomie unter SPLA-Führung
       gewährte und das jetzt anstehende Unabhängigkeitsreferendum festlegte,
       bekam Abyei einen Sonderstatus. Der Norden wollte das Gebiet behalten, weil
       damals ein Viertel des sudanesischen Öls aus Abyei kam.
       
       Nach Südsudans möglicher Abspaltung infolge des Unabhängigkeitsreferendums
       müssen Khartum und Juba allerdings neu über die Aufteilung des
       sudanesischen Öls und der Einnahmen daraus verhandeln. Dabei spielt Abyei
       eine zentrale Rolle. Obwohl Experten sagen, dass die Quellen in Abyei bald
       austrocknen, gibt es vermutlich mehr, noch unerschlossene Quellen in der
       Region. In Südsudans Autonomieregierung sitzen ein paar mächtige Ngok
       Dinka, die geschworen haben, die Region nicht aufzugeben.
       
       Khartum könnte nun Abyei den Süden schenken, im Tausch für einen größeren
       Teil des sudanesischen Öls insgesamt. Aber Deng Mading vom Bürgerforum ist
       davon nicht überzeugt. Er plant einen Alleingang. "Am 9. Januar werden wir
       bekanntgeben, dass die Einwohner von Abyei zum Süden gehören wollen. Und
       wenn die Misseriya das nicht akzeptieren, kommen sie mit ihren Tieren nach
       Abyei nicht mehr rein", tönt er.
       
       Damit wird Abyei ein Pulverfass. Nord und Süd haben in der Gegend Truppen
       gesammelt. Schon 2008 kam es in Abyei zu schweren Kämpfen zwischen beiden
       Armeen.
       
       3 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ilona Eveleens
       
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