# taz.de -- Kommentar zur Spaltung des Sudans: Keine Seite kommt ohne die andere aus
       
       > Der Sprengstoff der Spaltung des Sudans liegt in der Zeit nach der
       > Teilung. Frieden gibt es nur, wenn beide Seiten politisch von der
       > internationelen Gemeinschaft eingebunden werden.
       
       Gemessen an der schieren Fläche des Staates ist eine Trennung zwischen dem
       Norden und dem Südsudan kein Problem. Wenn die Südsudanesen wie erwartet im
       Referendum am 9. Januar für eine Loslösung vom Norden und die
       Unabhängigkeit stimmen, dann wäre das neue Staatsgebiet des Südsudan so
       groß wie Kenia, Uganda, Ruanda und Burundi zusammen genommen - und damit,
       rein geographisch betrachtet, immer noch beachtlich.
       
       Das macht aber auch deutlich, wie viel Khartum, die Noch-Hauptstadt des
       Sudan im Norden des Landes, dabei aufgibt. Alles deutet aber darauf hin,
       dass die Volksabstimmung allen Unkenrufen zum Trotz tatsächlich stattfinden
       wird. Im Norden hat man sich mit der Trennung de facto abgefunden. Der
       eigentliche Sprengstoff liegt in der Zeit danach.
       
       Denn in dem Drang des Südens, die Scheidung möglichst schnell einzureichen,
       blieben wichtige Details nicht geregelt. Nur 80 Prozent der Grenze ist
       bisher markiert, vor allem der Status des Grenzgebietes Abyei mit seinem
       Erdöl und den wandernden Nomadenstämmen aus dem Norden ist ungeklärt. Offen
       ist auch, welche Bürgerechte die Hundertausende Südsudanesen haben werden,
       die im Nordsudan leben.
       
       Trotz aller Propaganda ist seit der Unterzeichnung eines Friedensvertrages,
       mit dem vor fünf Jahren zwei Jahrzehnte Bürgerkrieg beendet wurden, nur
       wenig geschehen. Der Norden hat nicht für die Einheit geworben. Der Süden
       hat im Stillen die Trennung betrieben, sie aber nicht vorbereitet. Im
       Norden der islamistische Nationalkongress, im Süden die Befreiungsbewegung
       SPLM, die beide eine exklusive Autorität beanspruchen und sich dabei auf
       ihre Waffengewalt stützen: das sind keine gute Voraussetzung dafür, dass
       der potentielle Reichtum des Landes und seine Erdöleinnahmen ohne
       Korruption verwaltet wird.
       
       Schon auf dem kleinen Flughafen von Juba, der Hauptstadt in spe des
       Südsudan, zeigen die vielen weißen UN-Jeeps und Flugzeuge, dass dieser Teil
       des Landes noch lange nicht auf eigenen Füßen steht. Die Schilder im
       Zentrum der Stadt lesen sich wie ein "Who is Who" der internationalen
       Hilfsorganisationen. Im Norden versucht man derzeit, den Preis für eine
       Trennung nach oben zu schrauben, während man im Süden betont, sich seine
       Freiheit nicht erkaufen zu wollen.
       
       Die internationale Gemeinschaft kann hier beiden Seiten entgegenkommen. Im
       Süden muss sie helfen, von Null an einen Staat aufzubauen. Sechs von zehn
       Staatangestellten dort seien Analphabeten, heißt es. Das zeigt, wie viel es
       dort zu tun gibt. Dabei sollte aber der Norden nicht vergessen werden.
       Trotz eines Präsidenten Omar Al-Baschir, der vor dem Internationalen
       Gerichtshof angeklagt ist, muss der Norden politisch und wirtschaftlich
       eingebunden werden. Denn ein stabiler Süden, der international unterstützt,
       und ein Norden, der von aller Welt isoliert wird, würden rasch zu den alten
       Zeiten des Bürgerkrieges zurück kehren.
       
       Besser wäre es, Projekte zu planen, die die gegenseitige Abhängigkeit des
       Nordens und Südens stärken. Für einen dauerhaften Frieden und Stabilität
       gibt es kein besseres Rezept als das Motto, dass keine Seite ohne die
       andere auskommt. Ob in zwei Staaten oder innerhalb gemeinsamer Grenzen ist
       dabei zweitrangig.
       
       21 Dec 2010
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim El Gawhary
       
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