# taz.de -- Konsequenzen aus Dioxin-Skandal: Die böse Industrie soll büßen
       
       > Kaum taucht das Gift im Ei auf, kommen die Forderungen nach mehr: mehr
       > Kontrollen, mehr Härte, mehr Gesetz. Doch so einfach ist die Sache nicht.
       
 (IMG) Bild: Futtermittelprobe im Labor.
       
       Peter Bleser und Mechthild Heil, in der Unionsfraktion für
       Verbraucherschutz zuständig, sind mächtig sauer: "Dieses Verhalten muss
       hart bestraft werden", schmetterten sie in Richtung der Dioxin-Panscher.
       
       Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) gibt sich dagegen
       vorsichtiger: "Wir müssen über Konsequenzen reden", sagte sie. Aigner
       fragte, ob das Risiko zu hoch sei, wenn Betriebe, die Bestandteile für
       Futtermittel liefern, gleichzeitig technische Produkte vertreiben, die
       unter keinen Umständen in Lebensmittel oder Futtermittel gelangen dürfen.
       
       Doch neue Vorschriften in der Produktion sind kein leichtes Unterfangen: In
       der Industrie ist es völlig üblich, aus Pflanzenöl verschiedene Fette und
       Fettsäuren abzuspalten, die teilweise für die Industrie und teilweise für
       Futter oder sogar Lebensmittel verwendet werden. Als Industriefett
       firmieren sie als technische Produkte. Auch große Firmen wie BASF oder
       Henkel machen damit gute Geschäfte.
       
       Im deutschen Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch und den Verweisen auf
       zahlreiche EG-Verordnungen wimmelt es von Vorschriften über Grenzwerte zu
       Pestiziden oder Schadstoffen in Futtermitteln. Über die
       Produktionsbedingungen selbst gibt es aber wenige Vorschriften - wichtig
       ist, was am Ende rauskommt. Zudem stellt sich die Frage nach dem Sinn:
       Petrotec, der Biodieselhersteller, dessen Fettsäuren missbräuchlich in
       Futtermittel statt in Maschinen landeten, gibt an, dass Dioxin in seinen
       Verarbeitungsprozessen nicht entstehen kann. Es stamme vermutlich nicht aus
       der Produktion.
       
       Verwunderlich scheint oft, dass aus der Biodieselproduktion Stoffe in
       Futtermittel wandern. Dies zu verbieten - dagegen hätte die Industrie
       nichts. Schon heute gelten die anfallenden Mischfettsäuren als eher
       unbeliebtes Überbleibsel. "Die Hersteller wollen den Anteil an
       Mischfettsäuren möglichst gering halten, weil das die Ausbeute verringert",
       erklärt Dieter Bockey, Biokraftstoff-Referent der Union zur Förderung von
       Öl- und Proteinpflanzen.
       
       Gut 0,5 Prozent des eingesetzten Pflanzenöls bleibe nach der Verarbeitung
       zu Biodiesel als freie Fettsäuren zurück. Je nach Ausstattung würden die
       Fette entweder in der Produktion bleiben oder zu Industriezwecken verkauft.
       Für etwa 450 Euro pro Tonne, sagt ein Branchenvertreter.
       
       Das wesentlich häufigere und auch lukrativere Nebenprodukt ist hingegen der
       Fettbaustein Glycerin. Etwa ein Zehntel des eingesetzten Öls bleibt bei der
       Produktion als Glycerin zurück. "So gut wie alle Biokraftstoffhersteller
       bereiten auch Glycerin anschließend auf", erklärt Bockey. In der
       Futtermittelherstellung wird Glycerin aufgrund seines hohen Energiegehalts
       gerne als Zusatzstoff eingesetzt.
       
       Der Preis von Glycerin bei der Tierfutterherstellung orientiere sich am
       Preis des Weizens, momentan liegt er bei etwa 250 Euro pro Tonne. Etwas
       besser aufbereitet gibt es für Glycerin aber satte 600 Euro pro Tonne - in
       der Kosmetikindustrie etwa für Zahnpasta, Feuchtigkeitscreme oder
       Weichmacher.
       
       6 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) A. Wieder
 (DIR) I. Arzt
       
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