# taz.de -- Kommentar Israels Vorstoß gegen Menschenrechtler: Ausgehöhlte Demokratie
> Kritik ist Verrat. Das ist die Botschaft, die die Knesset verkündet. Der
> nächste Schritt wäre das Verbot regierungskritischer Organisationen oder
> die Inhaftierung ihrer Mitglieder.
Kritik ist Verrat. Das ist die Botschaft, die die Knesset verkündete, als
sie am Mittwoch beschlossen hat, die Finanzierung der israelischen
Menschenrechtsgruppen unter die Lupe zu nehmen. Die Finanzierung der
Menschenrechtsgruppen in Israel ist jedoch längst transparent und jederzeit
überprüfbar. Der Vorwurf, sie würden von "antizionistischen Agenten aus dem
Ausland" finanziert, ist haltlos. Es geht in der Debatte eben nicht um eine
Sachfrage, sondern um eine ideologische Auseinandersetzung, um die Hoheit
über den politischen Diskurs. Wer Kritik an der Regierung, am Verhalten der
Armee oder an Siedlungspolitik und Besatzung übt, soll mundtot gemacht und
als "unpatriotisch" gebrandmarkt und damit aus der "demokratischen Debatte"
ausgeschlossen werden. Der nächste Schritt wäre das Verbot dieser
Organisationen oder die Inhaftierung ihrer Mitglieder.
Es trifft zu, dass Berichte von Gruppen wie Betselem oder Breaking the
Silence dazu geführt haben, dass Exaußenministerin Zipi Livni und etliche
Offiziere Auslandsreisen, etwa nach Großbritannien, abgesagt haben, um
einer möglichen Verhaftung zu entgehen. Erst aufgrund solcher Berichte sind
Vergehen oder gar Kriegsverbrechen von Soldaten und Offizieren der Armee an
den Tag gekommen.
In Zukunft soll genau das unterbunden werden. Das ist das eigentlich
Gefährliche dieses parlamentarischen Votums. Es ist nicht nur ein Zeichen
von Intoleranz, die eigenen Verbrechen zu verschweigen. Ein solches
Schweigegebot ist vielmehr ein konstitutives Element jeder autoritären
Regierung, ja einer Diktatur.
Noch ist die Initiative kein Gesetz. Aber die Wagenburgmentalität, die sie
fördert und fordert, ist die wahre Gefahr für Israels Demokratie.
6 Jan 2011
## AUTOREN
(DIR) Georg Baltissen
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