# taz.de -- Kritik an Pfeiffer-Studie: Streit über Gewalt bei jungen Muslimen
       
       > Sind junge Muslime eher gewalttätig, je religiöser sie sind? Eine Studie
       > von Niedersachsens Ex-Justizminister Christian Pfeiffer legt dies nahe.
       > An der Uni Osnabrück wurde er dafür nun scharf kritisiert.
       
 (IMG) Bild: Wütend sind junge Muslime gelegentlich, aber wie sich das in Gewalt übersetzt - dafür liefert Pfeiffers Studie keine Erklärungsansätze.
       
       BREMEN taz | Der ehemalige niedersächsische Justizminister und Direktor des
       Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN), Christian
       Pfeiffer, muss sich gegen harte Vorwürfe von Wissenschaftlern wehren. Auf
       einer Veranstaltung in der Uni Osnabrück, bei der Pfeiffers Thesen zum
       Zusammenhang von Islam und Jugendgewalt diskutiert wurden, wurde Pfeiffer
       am Montag "politisch motivierte Forschung" und "Populismus" zu Lasten von
       Moslems vorgeworfen.
       
       Hintergrund ist eine KFN-Studie zum Thema Jugendgewalt. Diese hatte
       Pfeiffer bereits vor einiger Zeit veröffentlicht. Hierzu hatte das KFN
       deutschlandweit rund 45.000 SchülerInnen der neunten Klasse befragt. Unter
       anderem ging es dabei um den Zusammenhang von Religiosität und Gewalt.
       Aufsehen erregt hatten dabei Pfeiffers Thesen zum Islam. In seiner Studie
       heißt es: "Eine islamische Religiosität erhöht die Gewaltbereitschaft
       indirekt, in dem sie Faktoren fördert, die Gewaltbereitschaft fördern." Zu
       diesen Faktoren gehöre neben einer geringeren Integration auch die
       Identifikation mit "gewaltorientierten Männlichkeitsnormen".
       
       Das seien "windige Thesen", findet der Osnabrücker Pädagogik-Professor
       Wassilis Kassis. Er hat am Montag mit Pfeiffer in Osnabrück diskutiert.
       "Vier Tage" habe er sich Zeit genommen, dessen Konvolut zu lesen. Sein
       Ergebnis: "Ich bin erschüttert ob der inhaltlichen und statistischen
       Fehler." Pfeiffers Befunde basierten auf viel zu niedrigen
       Korrelationskoeffizienten, einem statistischen Maß für die Stärke von
       Zusammenhängen. "Was Pfeiffer bringt, ist empirisch gehaltlos und erklärt
       gar nichts", sagt Kassis. Er kenne "kein zweites Forschungsinstitut, das
       eine solche Korrelation als Beleg heranzieht." Er glaubt, dass Pfeiffers
       Thesen "politisch motiviert" seien: "Angesichts der angeheizten und
       überhitzten Integrationsdebatte bringt Herr Pfeiffer scheinbare Ergebnisse
       zu dem, was man hören möchte." Das sei "geistige Brandstiftung". Ihn
       wundere, dass daran so wenig Anstoß genommen worden sei. "Offenbar
       entsprechen die Thesen von Thilo Sarrazin so sehr dem allgemeinen Befinden,
       dass niemand an solchen methodischen Fehlern Anstoß nimmt."
       
       Der Essener Psychologe und Migrationsforscher Haci-Halil Uslucan warf
       Pfeiffer vor, die fehlerhafte Interpretation seiner Studie durch die Medien
       zugelassen zu haben: ",Jung, muslimisch brutal' - die Zahlen geben das
       nicht her, als sensibler Wissenschaftler hätte Pfeiffer da einschreiten
       müssen."
       
       Pfeiffer weist die Kritik zurück. "Der Veranstalter der Diskussion hat mich
       heute angerufen und sich bei mir entschuldigt. So ein rüpelhaftes und
       beleidigendes Verhalten ist mir in meiner Karriere noch nicht
       untergekommen." Kassis habe sich "extrem polemisch" mit einem
       "Lufthansa-Piloten" verglichen, der den Piloten einer "Billig-Airline"
       belehren müsse.
       
       Seine Vorwürfe würden nicht greifen: "Unser Zusammenhang ist nicht schwach.
       Die von uns befragten nicht-gläubigen Jugendlichen etwa identifizierten
       sich zu elf Prozent mit den Werten der Macho-Kultur. Die hoch gläubigen
       taten dies zu 22 Prozent. Das ist glatt doppelt so viel - und hoch
       signifikant", sagt Pfeiffer. Er habe belegen können, dass die soziale
       Integration von Jugendliche abnehme, wenn die Religiosität steige. "Das
       zeigt sich ganz klar." Ebenso hingen Macho-Kultur und Religiosität
       zusammen. Diese Kultur begünstige Gewalt und verhindere Integration.
       Pfeiffer plädiert "dringend" für die Ausbildung von Imamen in Deutschland
       und "mehr interkulturelle Pädgogik". "Wir müssen den Kindergarten als
       Melting-Pot nutzen."
       
       11 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Jakob
       
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       Die Pfeiffer-Studie sagt nichts über Ursachen, sie stellt Korrelationen
       her. Korrelationen sind aber keine Kausalität, das weiß auch Pfeiffer. Wer
       es nicht weiß, ist reif für Sarrazin.