# taz.de -- Kommentar Nazigegner in Dresden: Deeskalieren strafbar - für Linke
       
       > Die Marsch der Nazis wurde in Dresden von einer großen Zahl
       > Gegendemonstranten aufgehalten. Jetzt aber ihre Rädelsführer vor Gericht
       > zu zerren, ist sehr abstrus.
       
 (IMG) Bild: 12.000 linke Gegendemonstranten verhinderten 2010 den Aufmarsch der Neonazis in Dresden. Diese klagten dagegen und hatten damit Erfolg.
       
       Nach Jahren der braunen Okkupation des Gedenkens an die Bombardierung
       Dresdens verhinderten im Vorjahr mehr als zehntausend Bürger erstmals einen
       Marsch der europäischen Rechten. Wenige Wochen vor dem nächsten Gedenktag
       soll nun gegen einige "Rädelsführer" der friedlichen Gegendemonstrationen
       Anklage erhoben werden. Man spürt die Absicht und man ist verstimmt, um es
       mit einem alten Nazigegner zu sagen.
       
       Formaljuristisch wären solche Klagen vielleicht sogar korrekt. Dann aber
       bitte nicht nur gegen die herausgepickten Linken-Fraktionsvorsitzenden der
       Landtage von Sachsen, Thüringen und Hessen. Denn alle Teilnehmer haben
       damals mit ihrer Courage eine genehmigte Demonstration der Nazis
       "gesprengt".
       
       Die Polizei gab wegen der großen Zahl der Gegendemonstranten schlichtweg
       die Absicht auf, den Neonazis ihre Marschroute freizuräumen. Die
       Staatsanwaltschaft Dresden begründet ihr selektives Vorgehen mit der
       besonderen Verantwortung politischer Spitzenfunktionäre.
       
       Dem Thüringer Bodo Ramelow wird sogar sein deeskalierender
       Vermittlungseinsatz im engen Kontakt mit der Polizei vorgeworfen. Dies
       beweise seinen Einfluss auf die Menge, heißt es in abstruser Weise. Anderen
       Abgeordneten, gegen die das Verfahren eingestellt wurde, wird hingegen eine
       hohe sittliche Motivation bescheinigt.
       
       Solche juristischen Verrenkungen gefährden den im Vorjahr mühsam gefundenen
       Dresdner Gegenkonsens. Die Absicht, mit einer Anklage linke Frontleute zu
       paralysieren, liegt auf der Hand. Und wenn ausgerechnet Oberstaatsanwalt
       Jürgen Schär als konsequentester Verfolger rechtsextremer Umtriebe neben
       den Einstellungsverfügungen auch die Klagen verfassen muss, lässt das auf
       Einflussnahme von ganz oben schließen.
       
       12 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
       
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