# taz.de -- Kommentar Afghanistan: Zynisches Zahlenspiel
       
       > Der Abzug beginnt 2011, 2014 soll der Einsatz ganz beendet werden – doch
       > an der Realität in Afghanistan geht das vorbei. Ein solcher Einsatz darf
       > sich niemals wiederholen.
       
       Der Abzug aus Afghanistan beginnt im Jahr 2011 - wenn es die Umstände
       zulassen: Auf diese wachsweiche Formel hat sich die Bundesregierung in
       ihrem Mandatstext geeinigt. Die Entscheidung ist für alle am Kabinettstisch
       politisch opportun. An der Realität Afghanistans geht sie vorbei.
       
       Die Akteure in Deutschland verfolgen handfeste Interessen: Kanzlerin Merkel
       kann durch die Zauberzahl 2011 auf die gewünschte breite Zustimmung im
       Bundestag für den Einsatz hoffen. Außenminister Westerwelle hofft, endlich
       ein paar Beliebtheitspunkte zu ergattern, weil er sich als Kriegsskeptiker
       der Mehrheit der deutschen Bevölkerung anschließt. Verteidigungsminister
       Guttenberg schließlich vertritt die Interessen des Heeres - und geriert
       sich mal wieder als aufrechter Kämpfer für die richtige Sache.
       
       Der Abzugstermin 2011 hat so wenig realen Wert wie 2014 als Jahr der
       Beendigung des Einsatzes überhaupt. Dass in drei Jahren in Afghanistan ein
       Staat entstanden sein wird, den so etwas wie ein demokratisches Grundgerüst
       trägt, ist westliches Wunschdenken.
       
       Alle Strukturen, die es im Moment gibt, hängen von milliardenschweren
       internationalen Hilfen ab. Afghanische Nationalarmee und lokale Polizei,
       die nach den internationalen Truppen für Sicherheit sorgen sollen, sind
       durchsetzt mit zwielichtigen Gestalten. In der Verwaltung grassieren
       Korruption und Vetternwirtschaft. Ein sofortiger Abzug aus Afghanistan
       würde bedeuten, dass das Land wohl sehr schnell wieder egoistischen
       Machteliten zufällt.
       
       Aber die Aussichten für das Jahr 2014 oder 2017 sind eben kaum besser. Die
       Gefechte nehmen zu, fast täglich gibt es Tote unter Kämpfern und
       Zivilisten. Seit 2006 verschlechtert sich die Sicherheitslage
       kontinuierlich. Nichts deutet auf eine Trendwende hin.
       
       Die Alliierten stehen vor den Trümmern ihrer politischen Entscheidungen der
       Anfangsjahre. Von vornherein wurde aus ideologischer Verbohrtheit etwa
       gemäßigten Taliban die Teilhabe am neuen Afghanistan verwehrt und ein Staat
       aufgebaut, der sich für weite Teile der Bevölkerung als ein Konstrukt
       westlicher Mächte darstellt. In Afghanistan ist nichts mehr zu gewinnen, da
       kann die Bundesregierung in den Mandatstext schreiben, was sie will. Die
       Erkenntnis muss eine andere sein: Ein Einsatz wie der am Hindukusch darf
       sich nicht wiederholen. Nirgendwo.
       
       12 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gordon Repinski
       
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