# taz.de -- Beraten über Dioxin-Skandal: Aigner setzt Länder unter Druck
       
       > Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner fordert vor dem Sondertreffen der
       > Landwirtschaftsminister von den Ländern, dass sie sich hinter ihren
       > Zehn-Punkte-Plan stellten. Der ist indes umstritten.
       
 (IMG) Bild: Aigner dringt auf schärfere Kontrollen und mehr Auflagen für Futtermittelhersteller.
       
       BERLIN dpa/afp | Die Agrar- und Verbraucherminister der Länder beraten am
       Dienstag auf einer Sondersitzung mit Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse
       Aigner über Konsequenzen aus dem Dioxin-Skandal. Aigner hat einen
       Zehn-Punkte-Plan vorgelegt. Sie dringt auf schärfere Kontrollen und mehr
       Auflagen für Futtermittelhersteller.
       
       Bei einigen Punkten wie der Trennung der Fettproduktion oder der
       Zulassungspflicht für Futtermittelbetriebe zeichnet sich Einigung unter den
       Ländern ab. Allerdings droht Widerstand gegen Aigners Forderung nach mehr
       Bundeskompetenz bei den staatlichen Kontrollen. Sie sind Ländersache.
       
       Aigner forderte die Länder auf, den Aktionsplan der Bundesregierung
       umzusetzen."Die Leute erwarten von uns Lösungen ich habe konkrete
       Vorschläge", sagte sie in Berlin. Sie sehe in Union und FDP ein hohes Maß
       an Übereinstimmung. "Mein Aktionsplan deckt sich in vielen Punkten auch mit
       den Vorstellungen von SPD und Grünen." Deshalb sei sie zuversichtlich, dass
       man zu einem guten Ergebnis komme.
       
       Der Vorsitzende der Agrarministerkonferenz, Thüringens Agrarminister Jürgen
       Reinholz (CDU), warf Aigner Einmischung in Länderangelegenheiten vor. "Bei
       aller Sympathie für die Ministerin: Das steht ihr nicht zu", sagte Reinholz
       der Thüringer Allgemeinen. Aigner hatte Niedersachsen im Dioxin-Skandal
       schwere Versäumnisse vorgeworfen und personelle Konsequenzen gefordert. Für
       derartige Entscheidungen gebe es einen Ministerpräsidenten, sagte Reinholz.
       "Wenn der findet, er ist personell gut aufgestellt, dann ist das in
       Ordnung." Eine Einmischung des Bundes sei nicht nötig. "Die Länder können
       das durchaus allein", sagte er.
       
       "Die Kontrollpraxis ist in den 16 Bundesländern sehr unterschiedlich",
       sagte Aigner. "Aber ich erkenne den gemeinsamen Willen, zu mehr
       Einheitlichkeit und zu höherer Sicherheit für die Verbraucher zu kommen."
       In Deutschland sind wegen des Skandals derzeit noch 939 Höfe gesperrt, vier
       weniger als am Sonntag. In Niedersachsen waren es unverändert 879 Betriebe,
       in Nordrhein-Westfalen mit 53 Höfen drei weniger, in Hessen wurde ein Hof
       freigegeben. In Mecklenburg-Vorpommern lag die Zahl gesperrter Höfe weiter
       bei zwei, in Brandenburg war es nach wie vor einer. Die Mehrzahl sind
       Schweinemäster.
       
       Niedersachsens künftiger Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) plant
       einen Neustart in der Agrarpolitik des Landes. In der Hannoverschen
       Allgemeinen Zeitung kündigte er an, er werde die Kontrollsysteme erneuern,
       den Tierschutz verbessern und auch vor personellen Konsequenzen nicht Halt
       machen. Lindemann war von Ministerpräsident David McAllister (CDU) zum
       Nachfolger der zurückgetretenen Astrid Grotelüschen berufen worden. Er wird
       am Mittwoch vor dem Landtag in Hannover vereidigt.
       
       Der designierte Minister bekannte sich zu schärferen Kontrollmechanismen,
       wie sie der vorige Woche von Aigner in Berlin vorgestellte Zehn-Punkte-Plan
       vorsieht. Nur mit einem perfekten Kontrollsystem lasse sich Vertrauen
       wieder herstellen.
       
       Der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse" (Dienstag) sagte Lindemann:
       "Mir scheint, dass die Futtermittelkontrolleure derzeit ein sehr breites
       Aufgabenfeld haben. Da stellt sich die Frage, ob man nicht nur die Zahl der
       Kontrolleure heben muss, sondern auch die Zahl der Aufgaben reduzieren
       sollte, damit die Kontrolleure sich auf ihre Kerngeschäft konzentrieren
       können: die Futtermittelkontrolle."
       
       Der Verbraucherschutzminister in Nordrhein-Westfalen, Johannes Remmel
       (Grüne), erhob Vorwürfe gegen die schwarz-gelbe Bundesregierung. Diese
       weigere sich bislang, "das risikoreiche und tierverachtende System" der
       Lebensmittel-Herstellung grundsätzlich in Frage zu stellen, sagte er der
       Frankfurter Rundschau.
       
       Die Regierung stecke "mit der Agrarindustrie unter einer Decke. Sie
       wiederholt, was die Lobby-Verbände der Futtermittelhersteller ihr
       flüstern." Das hätten die europaweiten Beratungen über die Subventionen
       gezeigt. Von einer Verschiebung der Kontrollkompetenzen weg von den Ländern
       hin zum Bund, wie von Aigner vorgeschlagen, hält Remmel nichts.
       
       Die Bundestags-Grünen plädieren für einen Notfallfonds für Landwirte. In
       der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte die stellvertretende Vorsitzende der
       Fraktion, Bärbel Höhn, die größte Sorge müsse Landwirten gelten, die
       unverschuldet in finanzielle Nöte geraten seien. Komme es zu Skandalen,
       werde aus dem Fonds der Schaden bezahlt.
       
       Ansonsten laufe man Gefahr, dass ein Betrieb in die Insolvenz geht, sich
       unter einem neuen Namen neu gründet und sich aus der Verantwortung zieht.
       Um Lebensmittelskandale besser verhindern zu können, hält Höhn einheitliche
       Vorgaben für die Bundesländer für unumgänglich. "Dringend notwendig ist
       eine Positivliste, die festlegt, was ins Futtermittel gelangen darf."
       
       18 Jan 2011
       
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