# taz.de -- Abschiebung nach Griechenland gestoppt: Urteil unerwünscht
       
       > Geflohen vor dem griechischen Asyl-Chaos: Nun verspricht Thomas de
       > Maizière den Betroffenen ein Asylverfahren in Deutschland. So vermeidet
       > er ein Verfassungsurteil.
       
 (IMG) Bild: Der Protest hat gefruchtet: Demonstranten vor dem Bundesverfassungsgericht während der Verhandlung im Oktober.
       
       FREIBURG taz | Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Abschiebung
       von Flüchtlingen nach Griechenland gestoppt und ihnen ein Asylverfahren in
       Deutschland versprochen. Damit will er einer Verurteilung durch das
       Bundesverfassungsgericht zuvorkommen. Die Richter werden auf das Manöver
       voraussichtlich eingehen, denn sie haben es selbst angeregt.
       
       Betroffen sind Flüchtlinge, die vor dem griechischen Asyl-Chaos nach
       Deutschland weitergeflüchtet sind. In Griechenland müssen Asylsuchende
       meist unter menschenunwürdigen Bedingungen auf der Straße oder in
       überfüllten Unterkünften leben. Auch gibt es keine ordnungsgemäßen
       Asylverfahren, sodass auch politisch gefährdeten Flüchtlingen die
       Abschiebung in den Verfolgerstaat droht.
       
       Nach der Dublin-II-Verordnung der EU müssten die Flüchtlinge eigentlich
       nach Griechenland zurück. Denn das Asylverfahren ist in dem Land
       durchzuführen, in dem der Flüchtling ankam. Gegen die drohende
       Rückschiebung ist im deutschen Recht nicht einmal eine Klage möglich.
       
       Dagegen rief ein kurdisch-irakischer Flüchtling das
       Bundesverfassungsgericht an, das im Herbst bereits über den Fall
       verhandelte. Dass die Klage erfolgreich sein wird, war spürbar. Die Richter
       schlugen deshalb dem Innenministerium vor, die Sache außergerichtlich zu
       lösen. Auf diesen Vorschlag ging de Maizière nun ein.
       
       Nach taz-Informationen hat das Innenministerium den Richtern in einem
       Schreiben vom 14. Januar mitgeteilt, dass dem klagenden Kurden nicht mehr
       die Abschiebung nach Griechenland angedroht wird, sondern er ein
       Asylverfahren in Deutschland erhält. Zugleich wurde das Bundesamt für
       Migration und Flüchtlinge angewiesen, bis zum 12. Januar 2012 auch in allen
       vergleichbaren Fällen so zu verfahren.
       
       Dieser Schritt dürfte rund tausend aus Griechenland eingereiste Flüchtlinge
       betreffen, deren Verfahren von den Verwaltungsgerichten bislang nur
       ausgesetzt waren. Außerdem können hiervon auch Flüchtlinge profitieren, die
       in diesem Jahr erst nach Deutschland einreisen. Das Innenministerium hofft
       offensichtlich, dass Griechenland in dieser Zeit sein Asylverfahren so in
       den Griff bekommt, dass anschließend neue Flüchtlinge wieder dorthin
       zurückgeschickt werden können.
       
       Die Anwälte des Kurden werden das Verfahren jetzt wohl für erledigt
       erklären. Das Verfassungsgericht kann zwar bei eigentlich erledigten
       Verfahren trotzdem ein Urteil sprechen, wenn die Sache von allgemeinem
       Interesse ist. Das werden die Richter wohl aber nicht tun, da sie den Deal
       selbst angeregt haben.
       
       Für die Flüchtlinge ist die Lösung günstig, sie erhalten jetzt ein
       Asylverfahren in Deutschland. Ein Urteil des Verfassungsgerichts hätte
       ihnen weniger gebracht. Dort ging es eigentlich nur um die Frage, ob ein
       Flüchtling gegen seine Abschiebung nach Griechenland klagen kann.
       
       Pro Asyl bedauerte dennoch, dass nun wichtige verfassungsrechtliche Fragen
       ungeklärt bleiben. Allerdings wird schon am Freitag der Europäische
       Gerichtshof für Menschenrechte in einem Fall aus Belgien entscheiden, ob
       Abschiebungen von Flüchtlingen nach Griechenland zulässig sind.
       
       18 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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