# taz.de -- Rudolf Elmer wiederholt verhaftet: Der Banker, der Wikileaks fütterte
       
       > Rudolf Elmer war Bank-Geschäftsführer auf den Cayman Islands und hatte
       > irgendwann genug von den Geschäftspraktiken. Weil er Wikileaks Daten
       > lieferte, sitzt er jetzt erneut in Haft.
       
 (IMG) Bild: Nicht nur unter richterlicher Beobachtung: Rudolf Elmer.
       
       GENF dpa | Wikileaks-Informant Rudolf Elmer sieht genauso aus, wie man sich
       einen Schweizer Banker vorstellt: unauffällig, mit Anzügen von der Stange.
       Seine runde Brille signalisiert eine konservative Haltung. Ausgerechnet der
       an sich unscheinbare Mittfünfziger ist einer der ersten, der die
       Enthüllungsplattform Wikileaks international ins Gespräch brachte. Wenige
       Stunden nach seinem Prozess wurde er am Mittwoch erneut festgenommen.
       
       Als Banker bei der feinen Privatbank Julius Bär aus Zürich versorgte er das
       kurz zuvor gegründete Portal mit geheimen Daten von Bankkunden. Die Bank
       versuchte, in den USA die Plattform zu schließen, was nur kurzzeitig
       gelang. Plötzlich war Wikileaks in aller Munde - und der kleine Banker ein
       Held, über den nun sogar ein Film gedreht werden soll.
       
       Zuvor war Elmer Geschäftsführer der Bär-Zweigstelle im Steuerparadies
       Cayman Islands gewesen. Dort hatte er acht seiner 20 Dienstjahre bei Bär
       verbracht, bevor er 2002 rausflog, weil die US-Behörden plötzlich über
       Bankdaten verfügten und Elmer sich keinem Lügendetektortest unterziehen
       wollte. Nach seiner Darstellung wurde er zu einem sogenannten
       "Whistleblower", einem Informanten für die Öffentlichkeit - angeblich, weil
       er die Geschäftspraktiken der Privatbank nicht länger ertragen konnte.
       
       Wer bei Julius Bär ein Konto eröffnen will, muss viel Geld mitbringen. Noch
       mehr muss es sein, wenn der Kunde von den Steuersparmöglichkeiten auf den
       Inseln profitieren will. Elmer hatte alle Daten dieser Spezialkunden immer
       bei sich zu Hause, denn er war ein "Hurrikan-Verantwortlicher". Jeden Abend
       nahm er eine Kopie der Daten mit, um sie vor Wirbelstürmen in Sicherheit zu
       bringen. Eine solche Kopie hatte er auch noch, als er von der Bank
       entlassen wurde. Er habe diese Daten aber nicht gestohlen, sondern einfach
       nur besessen, so seine etwas wackelige Argumentation.
       
       Jedenfalls gestand Elmer in seinem Prozess, geheime Kundendaten an
       Steuerbehörden und die Enthüllungsplattform Wikileaks weitergegeben zu
       haben. Der Öffentlichkeit ist nicht klar, was Elmer letztlich dazu bewog.
       Das Gericht in Zürich, das ihn am Mittwoch zu einer Geldstrafe verurteilte,
       sieht zumindest keine ethischen Motive. Vielmehr sei er ein enttäuschter
       ehemaliger Bankangestellter, für den sich Karriereträume nicht verwirklicht
       hätten. Zudem hat Elmer zugegeben, hier und da mal getäuscht und gedroht zu
       haben.
       
       Andere sehen in Elmer einen Vorkämpfer für Steuergerechtigkeit, der den
       Banken seit zehn Jahren zusetzt und ein Vorbild für spätere Enthüller war -
       wie Heinrich Kieber, der Stiftungen bei der liechtensteinischen LGT
       aufdeckte, über die dann Ex-Postchef Klaus Zumwinkel stolperte. Oder
       Bradley Birkenfeld, der Praktiken der Schweizer Großbank UBS enthüllte.
       
       Fest steht, dass Elmer nun eine weltbekannte Persönlichkeit ist, nachdem er
       sich vor einigen Tagen in London vor der internationalen Presse mit
       Wikileaks-Gründer Julian Assange zeigte und zwei CDs mit angeblich
       Tausenden von Datensätzen von mutmaßlichen Steuersündern in die Kameras
       hielt. Kurz darauf, am Mittwoch, folgte dann sein Prozess in der Schweiz:
       "Ich bin vielleicht ein bisschen reingestoßen worden", sagte er. "Ich würde
       nicht sagen, dass ich ein Held bin oder ein Verräter. Ich habe aber dazu
       gelernt." Dann wurde er wegen Verletzung des Bankgeheimnisses zu einer
       Geldstrafe auf Bewährung verurteilt.
       
       Eine Stunde nach seiner Rückkehr aus dem Gericht am Mittwochabend nahm ihn
       die Polizei erneut fest - in der Tiefgarage seines Hauses. Seine Wohnung
       wurde durchsucht. Die Staatsanwaltschaft verwies darauf, dass gerade der
       Auftritt in London beweise, dass Elmer weiter gegen das Schweizer
       Bankgeheimnis verstoße.
       
       Ob Elmer in Haft bleiben muss, war am Donnerstag unklar. Die
       Staatsanwaltschaft scheint aber entschlossen, das Schweizer Bankgeheimnis
       zu verteidigen. Dabei hat Elmer, der angeblich Schulden hat und dessen Ehe
       zerrüttet ist, im Kampf gegen eben dieses strenge Bankengesetz einen
       prominenten Verbündeten: Kein geringerer als der ehemalige Seniorchef der
       Privatbank, Hans Julius Bär, schrieb in seinen Memoiren, das Bankgeheimnis
       gehöre abgeschafft. Es mache "fett, aber impotent", weil es die Schweiz vom
       Wettbewerb ausnehme. Und es sei "unethisch". Nichts anderes glaubt
       angeblich auch Elmer.
       
       20 Jan 2011
       
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