# taz.de -- Enttarnte britische Agenten: Liebesgrüße aus Kingston
       
       > Jim Boyling soll eine Aktivistin beschatten. Und verliebt sich in sie. Er
       > ist bereits der vierte britische aufgeflogene Spitzel in linken
       > Bewegungen innerhalb von zwei Wochen.
       
 (IMG) Bild: Doppelagent in Sachen Liebe: Jim Boyling.
       
       Er hat seine Aufgabe als Spitzel übererfüllt: Jim Boyling von der Londoner
       Anti-Terrorismus-Einheit SO15 heiratete seine Zielperson und bekam mit ihr
       zwei Kinder.
       
       Sie hatten sich 1999 in einem Pub in London-Euston bei einem Treffen der
       Organisation Reclaim the Streets kennen gelernt. Boyling war damals 34, er
       nannte sich Jim Sutton, seine künftige Ehefrau war 28. Boyling galt als
       Fitness-Fanatiker. Weil er Führerschein und Auto besaß, stieg er zum Fahrer
       der Organisation auf. Reclaim the Streets war darauf spezialisiert,
       Innenstädte durch Straßenblockaden oder spontane Straßenpartys lahmzulegen.
       
       Im Februar 2000 zogen die beiden zusammen. Sie wunderte sich, dass er
       ideologisch nicht unbedingt sattelfest war, aber es war die Art, wie er
       seine Wanderstiefel putzte, die sie für einen winzigen Augenblick
       misstrauisch machte. Im September 2000 verschwand Boyling plötzlich in die
       Türkei, von dort wollte er angeblich nach Südafrika weiterreisen. Seine
       Freundin suchte ihn, sie reiste sogar nach Südafrika. Dann hörte sie, dass
       er in Kingston in Surrey lebe. Sie zog ebenfalls dorthin, und eines Tages
       kam er zufällig in den Buchladen, in dem sie arbeitete.
       
       Boyling gestand ihr, ein Polizeiagent zu sein und verriet ihr die Namen
       anderer Spitzel. Er überredete sie, ihren Namen offiziell zu ändern, damit
       seine Vorgesetzten nicht merkten, dass sie seine Zielperson war. Er sagte,
       er arbeite nicht mehr als Agent. Sie glaubte ihm, die beiden heirateten.
       
       Erst im Laufe der Jahre merkte sie, dass er weiter ein Doppelleben führte.
       Vor zwei Jahren wurde die Ehe geschieden. "Jeder weiß, dass es Leute in der
       Bewegung gibt, die vorgeben, jemand anderes zu sein", sagt sie. "Aber du
       erwartest nicht, dass es die Person, der du am meisten vertraust, gar nicht
       gibt."
       
       Er ist bereits der vierte aufgeflogene Spitzel, den die britische Polizei
       in die Umweltbewegung eingeschleust hat. Lynn Watson war in der
       Antiatombewegung aktiv, Mark Jacobs hatte die Antiglobalisierungsbewegung
       unterwandert und 2007 an den Protesten rund um den G8-Gipfel in
       Heiligendamm teilgenommen. Mark Kennedy, der als Erster vor zwei Wochen
       enttarnt wurde und den Polizeidienst inzwischen quittiert hat, ist in den
       USA untergetaucht.
       
       21 Jan 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
       
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