# taz.de -- De Maizière setzt Warnstufe herunter: Terroralarm erst mal beendet
       
       > Der Innenminister fährt die Polizeipräsenz auf Bahnhöfen und Flughäfen
       > wieder zurück. Es gebe keine konkreten Hinweise mehr auf Anschläge hier,
       > heißt es in Sicherheitskreisen.
       
 (IMG) Bild: Noch vor zweieinhalb Monaten kursierten Horrorszenarien über mögliche Terrorangriffe.
       
       Es waren Horrorszenarien, die im November das Land aufschreckten. Von einem
       Massaker nach Vorbild des Terroranschlags im indischen Mumbai war da die
       Rede. Und von angeblichen Plänen islamistischer Terroristen, das
       Reichstagsgebäude zu stürmen, inklusive finalem Blutbad. [1][Polizisten mit
       Maschinenpistolen und Schutzwesten] patrouillierten auf Bahnhöfen,
       Flughäfen und an Orten wie dem Brandenburger Tor - zur Abwehr bereit.
       
       Zweieinhalb Monate später heißt es in Sicherheitskreisen, es gebe keine
       konkreten Hinweise mehr auf einen unmittelbar bevorstehenden Anschlag in
       Deutschland. Die verschiedenen Stränge seien so weit aufgelöst, dass „nach
       menschlichem Ermessen nichts dran ist“.
       
       Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) formulierte es bei einer eilig
       einberufenen Pressekonferenz am Dienstag deutlich vorsichtiger. In seinem
       Ministerium in Berlin gab er bekannt, dass die öffentliche Präsenz der
       Polizei nun wieder heruntergefahren werden könne. Eine vollständige
       Entwarnung könne er aber „in absehbarer Zeit nicht in Aussicht stellen“.
       Denn: Es gebe weitere, auch neue Hinweise, denen man verdeckt nachgehen
       werde.
       
       Zeitgleich verlängerten auch die USA einen im Oktober veröffentlichten
       Reisehinweis für Europa nicht mehr. Der damalige Hinweis, in dem US-Bürger
       zu besonderer Vorsicht an typischen Touristenzielen gemahnt wurden, ist
       somit obsolet. Die Lage scheint sich also tatsächlich entspannt zu haben.
       
       Die deutschen Sicherheitsbehörden waren in den vergangenen Wochen [2][drei
       möglichen Terrorszenarien] nachgegangen. Erstens: Ein angeblich geplanter
       Angriff, der das Finanzsystem Europas treffen soll. Die mutmaßliche Nummer
       drei von al-Qaida, ein Scheich Younis al-Mauretani, soll dafür im
       pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet Islamisten aus Deutschland
       angesprochen haben.
       
       Zum zweiten war die Rede von fünf angeblichen „Schläferzellen“ in
       Deutschland, die an Isar und Rhein bereitstünden für Attentate.
       
       Drittens ging es um Hinweise auf ein angeblich geplantes Massaker nach dem
       Vorbild des Anschlags im indischen Mumbai, wo im Jahr 2008 Terroristen
       Hotels stürmten; mehr als 160 Menschen starben. Die USA hatten den
       Deutschen von Hinweisen auf solche Pläne berichtet, sogar von einem
       konkreten Zeitpunkt war die Rede: Ende November. Ein Termin, den auch de
       Maizière nannte, als er vor zweieinhalb Monaten die deutschen Bürger
       öffentlich vor der Terrorgefahr warnte.
       
       Doch der US-Hinweis erwies sich rasch als widersprüchlich. Denn in der
       Nachricht des US-amerikanischen FBI soll die Rede von einer mit al-Qaida
       paktierenden schiitisch-indischen Gruppe mit dem Namen „Saif“ („Schwert“)
       gewesen sein. Indische Schiiten schmieden einen Pakt mit al-Qaida? Das
       passte vorne und hinten nicht zusammen. Nachdem sich das Bundeskriminalamt
       (BKA) mit Behörden in den USA und Indien austauschte, löste sich der
       Hinweis schließlich vollends in Luft auf.
       
       Mögliche Gefährdungen in diesem Zusammenhang seien „zwischenzeitlich
       ausermittelt“, sagte de Maizière am Dienstag.
       
       Bleibt ein ominöser Hinweisgeber, der sich Mitte November beim BKA meldete
       und von mehreren Plänen für Anschläge in Deutschland berichtete, die in
       Pakistan vorbereitet würden - darunter angeblich ein geplantes Attentat
       eines Killerkommandos, das den Bundestag stürmen wolle. Berichte darüber
       hatten Ende November für große Aufregung gesorgt, zwischenzeitlich wurde
       die Kuppel des Reichtags für Besucher komplett geschlossen.
       
       Bei dem Mann soll es sich um einen ausstiegswilligen Dschihadisten handeln.
       Wie am Dienstag aus Sicherheitskreisen zu erfahren war, seien die Behörden
       weiter mit ihm in Kontakt geblieben, Ende Dezember sei dieser aber
       abgerissen. In Zusammenhang mit dem Hinweisgeber wurden vergangene Woche
       Wohnungen von Familienangehörigen und Bekannten im Raum Wuppertal
       durchsucht und Festplatten beschlagnahmt, die Auswertung dauere an.
       
       Man gehe davon aus, dass der Mann tatsächlich Zugang zu Leuten habe, die
       Anschläge planen könnten, hieß es. Seine Aussagen hätten sich aber nicht
       weiter konkretisieren lassen und seien zum Teil widersprüchlich gewesen. Wo
       genau er nun ist, sei unklar.
       
       Auch ein weiterer Hinweis auf einen möglichen Anschlag eines pakistanischen
       Staatsangehörigen um Neujahr herum verdichteten sich nicht.
       
       Alles in allem kommen die Sicherheitsbehörden nun zum Ergebnis, dass die
       Terrorwarnung um eine Stufe zurückgeschraubt werden kann. Die Gefährdung
       durch den internationalen Terrorismus gilt nun in Deutschland wieder als
       „abstrakt“.
       
       Man könne es verantworten, die „öffentlich wahrnehmbare polizeiliche
       Präsenz zurückzufahren“, sagte de Maizière am Dienstag in Berlin.
       
       Von den Journalisten musste er sich allerdings prompt die Frage gefallen
       lassen, ob er nicht doch überreagiert habe, als er im November
       schwerbewaffnete Polizisten an die Bahnhöfe schickte.
       
       Nein, antwortete der, es habe damals eine besondere Häufung von
       ernstzunehmenden Hinweisen gegeben. Dazu seien die [3][Paketbomben aus dem
       Jemen] gekommen, von denen eine in Köln-Bonn umgeladen wurde.
       
       Er halte seine Entscheidung deshalb „auch im Nachhinein für richtig“, sagte
       de Maizière. Er könne nicht sagen, ob die Maßnahmen einen Anschlag
       verhindert hätten. „Eine gute Wirkung hatten sie allemal."
       
       1 Feb 2011
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Schmidt
       
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